1.4 Gerichtsort Sendenhorst
Noch bevor der Ort Sendenhorst Stadt genannt wurde, besaß er ein sogenanntes Freigericht, das für schwere Straftaten wie Mord und Raubeinberufen wurde. Das Gericht wurde unter freiem Himmel an einerbesonderen Stelle, z.B. unter einer alten Eiche vor der Stadt, abgehalten. Die Richter hießen Freigrafen.
Das Gogericht der Stadt wurde für kleinere Straftaten einberufen. Den Vorsitz führte der Gograf. Bei schweren Verbrechen konnte es nur tätig werden, wenn der Übeltäter auf frischer Tat ertappt wurde. Durch Glockengeläut vom Kirchturm forderte man die Bevölkerung zur Verbrecherjagd auf. Der dann Gefasste konnte vom Gografen sofort verurteilt und das Urteil vollstreckt werden.
Mit Verleihung der Stadtrechte (1315) erhielt Sendenhorst ein Stadtgericht, das sich hauptsächlich mit Beurkundungen beschäftigte. Viel Arbeit gab esfür den Stadtrichter allerdings nicht. Etwa Mitte des 16. Jahrhunderts wurde das Go- und Stadtgericht dann zusammengelegt.
Mit der Zeit verloren die Freigerichte an Bedeutung. Da die Stadtrichterwenig Einfluss besaßen, und die Gografen der Täter nicht mehr hab haft werden konnten, breitete sich im Land Rechtlosigkeit aus. So entstanden die heimlichen Standgerichte, die Feme. Sprach ein Femegericht ein Todesurteil aus, wurde es augenblicklich vollstreckt. Die Richter und Schöffen der Femegerichte waren angesehene Leute. Die Macht der Femegerichte war so groß, dass selbst Herzöge oder Bischöfe aus weiter entfernten Gegenden es nicht wagten, einer Vorladung der heimlichen Feme nicht zu folgen.
Sofern man der Überlieferung trauen darf, wurde nach einem Femeurteil in Sendenhorst im Jahre 1516 vom Fürstbischof zu Münster das Femegericht verboten. Aus dem 17.-19. Jahrhundert sind viele Akten der verschiedensten Prozesse erhalten geblieben. Häufigste Vergehen waren Diebstahl und Raub, die für unser heutiges Rechtsempfinden erschreckend hart bestraft wurden. Aus dem Jahre 1699 ist sinngemäß folgendes Urteil überliefert:
In peinlicher Sache wird zu Sendenhorst verhandelt. Der anwesende Henrich Veltmann wird beschuldigt, dass er bei Lindemanns und Pastors Haus zu Westkirchen, sowie an der Mühle zu Enniger, bei Dobbeler zu Sendenhorst usw. die Wände und Fenster selbst und mit Anderen aufgebrochen, die Schlösser weggeschlagen und Kleidung, Brot, Butter, Käse, Fleisch und anderes Essbares gestohlen, sowie mit seinen Kameraden Kühe und Gänse auf der Weide geschlachtet zu haben. Er ist für schuldig befunden und zu seiner wohl verdienten Strafe, anderen der gleichen diebischen Gesinde zum Abscheu, an den Galgen mit dem Strang vom Leben zum Tod hinzurichten.
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Abschreckend und hart waren die Strafen, aber sie sollten die Mitmenschen warnen und den Straftäter zur Reue veranlassen. Gefängnisse für das Absitzen langjähriger Strafen gab es nicht. Von der körperlichen Züchtigung und öffentlichen Schande versprach man sich bessere Wirkung. So war es kein Wunder, wenn ein Gestrauchelter sein ganzes Leben lang geächtet blieb und kaum wieder Anschluss an die menschliche Gesellschaft fand.
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