Die „Wa/h/ren Dorffrauen“ Echt gut!
Sie hatten eine Menge Themen im Gepäck: Von der Agrarpolitik bis zur Globalisierung, vom Rentner-Alltag bis zum Klimawandel klärten die „Wa(h)ren Dorffrauen“ am Freitagabend auf. Und sie waren echt gut!
Bis auf einige wenige waren die 290 Plätze in der Aula der Realschule besetzt. Darüber freute sich besonders Josef Strohbücker vom Heimatverein, der die Veranstaltung organisiert hatte. Einen ersten spontanen Applaus ernteten die acht Frauen mit ihrer „entschleunigten“ Bademantel-Choreografie direkt zu Beginn. Mit Witz, Charme und ohne Umschweife legten sie in ihren Szenen den Finger in die Wunde – genau da, wo es weh tut.
„Die Nummer mit dem Sterben ist durch“, meint da ein Engel zum anderen und wundert sich eigentlich gar nicht, dass niemand mehr nach „oben“ kommt: „Ja, vor der Globalisierung, da pupste in Everswinkel eine Kuh, dann war zwei Minuten schlechte Luft – das war‘s. Heute welkt dann in der Sahelzone das letzte Pflänzchen.“ Heutzutage könne man einfach nicht mehr alles richtig machen.
Auch die Energiewende hat so ihre Tücken. „Ich wäre viel lieber eine Photovoltaikanlage“, beschwert sich das Windrad mit „Turbinendemenz“ bei seinen Kollegen. „Den ganzen Tag in der Sonne liegen, in Hanglage . . .“ Und die „Dorffrauen“ singen dazu: „Windkrafträder sehen wir gerne aus der Ferne, aber bitte nicht vor unserer Tür. Wir wollen auch Strom sparen, gleich morgen fangen wir damit an.“
Bissigen Humor auf den Punkt beweisen die Frauen auch beim Thema „Tierwohl“. Wenn die Sau von Wellness schwärmt, „wieder mehr Platz, Holzspielzeug und Lichtorgel“, und der Bauer langsam Amok läuft, weil die versprochene Förderung nicht reicht oder gar nicht erst kommt. „Das ist wie wenn zehn Personen eine Kreuzfahrt buchen und mit Kredit zahlen, aber nur vier kommen dann mit.“ Da bleibt dem Bauer nur Burnout oder Insolvenz, oder beides, schmunzelt die Sau. Und dem Publikum wird das Dilemma klar.
Dem Ärztemangel auf dem Land begegnen die Frauen mit Ferndiagnose per Computer. Persönlichen Arztkontakt kann sich niemand mehr leisten. „Wenn der Rücken klemmt beim Bücken, da hilft kein Klopfen oder Schreien, wer will im Dorf heut noch Doktor sein?“ Keine Ärzte, keine Operationen – das habe auch seine Vorteile. „Viel weniger Kunstfehler. Und die Lebenserwartung sinkt auch endlich mal wieder.“ Mit westfälischer Frauenpower bewiesen sie ein ums andere Mal Sachkenntnis, schwarzen Humor und Ideenreichtum. Sie mischen sich in die große Politik ein, wenn den Deutschen beim „TTIP“ ein „X“ für ein „U“ verkauft werden soll, „wo bleibt der Schutz der Menschen. Geh zum Kuckuck, Demokratie“. Und die Frauen schauen vor die eigene Haustür, wenn beim Schützenfest der Mann umsorgt werden muss: „Ich krieg jedes Jahr um diese Zeit das selbe Kind: Josef, 53 Jahre, Vollbart, 100 Kilo.“
Überaus amüsant ist das Gespräch der drei Frauen, die sich auf der Flucht vor ihren „Rentner-Männern“ an der Bushaltestelle treffen. „Vierzig Jahre habe ich den Haushalt alleine gemacht, nicht mal den Müll hat er rausgebracht. Aber jetzt meint er, er kann kochen.“ Sie haben es satt, erst die Kinder, dann die Eltern, jetzt noch der Mann, das ganze Leben kümmern sie sich um andere, entrüsten sich die Frauen und wollen ihre Freiheit. „Kinder konnte man wenigstens unterbringen.“ Bei der gesungenen Ansage an den Mann zeigt sich einmal mehr, dass die „Dorffrauen“ auch stimmlich viel drauf haben. „Wir hatten Träume für die Zeit zu zweit, doch du sitzt dir nur den Hintern breit.“
Wie sie gekommen sind, so verabschieden sie sich nach einer kleinen Zugabe wieder: im Bademantel. Und holen sich ihre Belohnung für einen humorvollen, intelligenten, kurzweiligen und unterhaltsamen Kabarettabend ab: langanhaltenden Applaus eines absolut begeisterten Publikums. Als Dankeschön gab es Gartenkräuter vom Heimatverein.