Raufbolde kamen in den Kellerknast

Sendenhorst - Hier unten also wurden sie eingebuchtet. Zu sehen ist davon heute im Keller des Rathauses nichts mehr. Ob die Türen zu den schmalen Räume, die heute unter anderem als EDV-Lager genutzt werden, mal die Zellentüren waren, weiß heute niemand mehr.

 
Bild:   Hermann Specht und Karin Schwarz vom Bauamt der Stadt zeigen im Keller des Rathauses die Originalpläne aus dem Jahr 1911. Das kleine Türmchen auf dem Dach wurde gestrichen. Fotos: (Josef Thesing)

Damals sah das Gebäude definitiv anders aus als heute. Vom jetzt zugebauten Innenhof führte eine große, ausladende Freitreppe ins Gebäude. Und es gab eine breite Holztreppe, die im Gebäude serpentinenartig nach oben führte. Heute fährt dort der Aufzug. Die meisten Räume hatten eine Holzvertäfelung, wie sie heute noch im Trauzimmer, zugleich kleiner Sitzungssaal, zu finden ist. Ein Raum hatte sogar einen Balkon, der heute zugebaut ist und als Büro genutzt wird. „Die größten Umbauten wurden in den 1980-er Jahren durchgeführt“, erklärt Specht. Da arbeitete er bereits im Rathaus.

Denkmalschutz wurde damals nicht so eng ausgelegt wie heute, zumal das Denkmalschutzgesetz noch nicht allzu lange in Kraft war. Und so ist im Rathaus vieles verschwunden, was heute nicht mehr verschwinden würde, erzählt Hermann Specht.

Im Rathaus herrschte lange Zeit eine ungewöhnliche Gemengelage, was die Nutzung betraf. Und das nicht nur wegen der drei Arrestzellen im Keller, in denen vor allem betrunkene Raufbolde aufbewahrt oder andere vor dem Transport in ein richtiges Gefängnis „zwischengelagert“ wurden. Später standen auch Druckmaschinen im Keller, Vorläufer der heutigen PCs.

Den meisten Raum im Erdgeschoss nahmen nicht die Amtszimmer ein, sondern die Büros der Sparkassenmitarbeiter inklusive des Tresorraums, dessen Tür heute noch im Bürgerservice zu bewundern ist, allerdings ohne jeglichen funktionalen Nutzen. Die Stadt „bewohnte“ lange Zeit nur zwei Räume. 1959 zog die Sparkasse schließlich aus.

Im ersten Stock wurde nur der bis heute in großen Teilen erhaltene Sitzungssaal dienstlich genutzt. Der Rest der Etage war die Privatwohnung des Stadtdirektors.

Apropos Sitzungssaal: Der wurde zwischenzeitlich mal dadurch vergrößert, dass eine Wand teilweise herausgenommen und Nebenräume für die Sitzungen der Stadtvertretung mitgenutzt wurden. Später wurde der Raum wieder in seiner Ursprünglichkeit hergestellt. Die Lampen stammen wohl aus den 60-er oder 70-er Jahren. „Raumschiff Orion“ beschreibt Karin Schwarz vom Bauamt den Stil der Leuchten.

Ganz oben im Gebäude gab es Wohnungen, in denen städtische Bedienstete lebten. Der „kleine Dienstweg“ zum Chef war tatsächlich kurz: Eine Treppe führte von oben in die Wohnung des Verwaltungschefs.

Im Ersten und Zweiten Weltkrieg blieb Sendenhorst ein Bombenhagel erspart. Nach dem letzten großen Stadtbrand von 1806 bis in die 1970-er Jahre hinein blieb die Innenstadt inklusive des Rathauses erhalten. Das markante Gebäude wie auch das ebenfalls markante Alte Pastorat blieben neben der Kirche und einigen anderen alten Gebäuden stehen. Den Rest fegte in großen Teilen die Stadtsanierung hinweg.

Aus den Originalplänen vom März 1911 wird übrigens deutlich, dass das Rathausdach ursprünglich mit einem Türmchen versehen werden sollte. „Das ist wahrscheinlich aus Kostengründen gestrichen worden“, vermutet Hermann Sprecht. Auf dem Plan wird das an roten Strichen mitten durch das Kleinod deutlich. Dabei hätte das Türmchen sicher gut ausgesehen.

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