Vom „geprant Wein" zum Kornbranntwein

Sendenhorster Brennereien im Wandel der Zeit (S. 10 - 12)

Die Ursprünge des „Kornbrennens"

Schon im frühen Mittelalter destillierte man Wein, um hochprozentigen Alkohol zu gewinnen. Dieser „geprante Wein" oder auch „Brantewein" wurde zunächst fast ausschließlich von Apothekern zur Herstellung von „Artzeneyn" und Duftwässern genutzt. 

Es sollte jedoch nicht lange dauern, bis die Menschen die berauschende Wirkung des Alkohols für sich entdeckten. Bereits im 14. Jahrhundert sahen sich die Obrigkeiten vieler Orte gezwungen, gegen den übermäßigen Genuss desselben vorzugehen. Als man um 1500 dazu überging, als Rohstoff das billigere Getreide zu verwenden, wurde der „Brantewein" zum begehrten Getränk für alle Bevölkerungsschichten. Der sog. Destillierofen gehörte bald zum festen Inventar vieler Haushalte.

Abb.1 Hausfrau am Destillierofen (aus Schrick, Michael, Doctor der Ertzney: Von allen geprennten Wassern. Augsburg 1480)

In der Festschrift „1884-1994. 110 Jahre Deutscher Kornbrennerverband" (im folgen- den nur "Festschrift") findet sich ein uraltes „Kornrezept" aus dem Jahre 1576.

„Erstlich nim einen Kessel, geus ohngefehr funff Eymer Wasser darein und mache es heisz, doch dasz es nit siede. Darnach nimb einen halben Scheffel Saltz und thue es in einen groszen Kübel oder Tonne und geus heiz Wasser darauff und rühre es umb, wie man sonst zum brauen das Maltz pfleget zu rühren. Nachmahls nimb auch einen halben Scheffel Weytzen oder Rocken. Rühre es auch wie das Maltz, dasz es nit klö- terich bleibe, doch dasz das heisze Wasser, auff zwey Eymer ongefehr, im Kessel wo! siedet. Als dann geus es zum andern mahl ein, decke das Fasz fest zu und lasz es drei Stunden stehen. Nachmahlen muszt du es stellen mit Bermen oder hefen, ehe du es aber stellest, muszt du es zuvor abkühlen mit einem Zuber Wasser oder mehr, bisz es wird dasz es zu stellen sey oder dine, als wann man sonst hier stellet.
Von deme das in der Blasen bleibet, haben die Schweine gute Nahrung und wer- den damit bald fett gemestet, wann man inen ein wenig Treber oder Seye und Kleyen mit untermenget. Ist demnach beym Branteweinbrennen allzeit ein dop- pelter Nutz und Frommen als nemlich, dasz man Brantewein bekompt und dar- neben seine Schweine damit ernehren und mesten kann."

Auch wenn man davon ausgehen kann, dass die frühen Kornbrenner nur unzureichen- de Kenntnisse über den Gärungsprozess besaßen — die Wirkung der Hefe als Gärmittel war offenbar bereits bekannt. Nicht klar ist allerdings die Funktion des Aufkochens eines „halben Scheffels" Salzes (ein Scheffel „trockenes Schüttgut" entsprach je nach Region immerhin einer Menge zwischen 45 und 64 Pfund) mit heißem Wasser, und auch die Erwähnung des zur Verzuckerung der Maische nötigen Malzes nur in Verbindung mit dem Bierbrauen ist erstaunlich. Auf der anderen Seite war man sich aber bereits über den Nutzen des beim Kornbrennen anfallenden Abfallproduktes „das in der Blasen bleibet" — man nennt es heute 

Auch wenn, wie der abgebildete Holzschnitt aus dem Jahre 1702 (Abb. 2) zeigt, die Destilliergeräte weiter entwickelt und vergrößert wurden, müssen wir uns nach einem Bericht von 1931 in der oben erwähnten Festschrift das Kornbrennen bis ins 19. Jahrhundert wohl als ein äußerst mühsames Unterfangen vorstellen. Die Maische muss- te mit der Hand gerührt werden, die sog. Brennblase, die mit direkter Feuerung betrie- ben wurde, verlangte ständige Aufsicht und es bedurfte mehrerer Destillationsgänge, um trinkbaren „Brantewein" zu gewinnen. Das gängige Brennmaterial war Holz, das man mit „schwerfälligen Ochsenkarren aus den Wäldern [holtel".

Für das kleine Ackerbürgerstädtchen Sendenhorst finden sich erst im 18. Jahrhundert verlässliche Quellen, die die Herstellung von Branntwein belegen und die in dem Werk „Sendenhorst. Geschichte einer Kleinstadt im Münsterland", von Heinrich Petzmeyer beschrieben sind. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts, im Jahre 1803 spricht der Kriegs- Commissar Kurlbaum in den „Acta Commissionis [...] betreffend die Lage und Gewerbe-Verhältniße der Städte und Wiegbolde des Erbfürstenthums Münster" aller- dings nur von „drei Branntweinbrenner[n], welche nur allein im Winter und alsdann auch nur bei Tage und nicht die Nacht hindurch brennen. 

Einer dieser Branntweinbrenner, der Colonus und Bürger Suergeist [Tergeist] wohnt außerhalb der Stadt nahe vor dem Tore." Und er erwähnt: „Der Branntwein bleibt größtenteils in der Stadt und wird verzapfet, es wird aber auch wohl etwas nach Münster und andern umliegenden Städten verkauft, ingleichen an einige Zäpfer in den benachbarten Bauerschaften."

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