Der heimische Adel im 12. Jahrhundert

Hermann von Sendenhorst - von Schorlemer (Bild: Wappen der Schorlemer)

Hermann von Sendenhorst

Im 12. Jahrhundert bildete sich ein adliger Kriegerstand als neue, privilegierte Schicht heraus. Ursprünglich unfrei, dann aber auf den Italienzügen der Könige, den Kriegen der geistlichen und weltlichen Großen, vor allem auf den Kreuzzügen als unentbehrliche Helfer sozial aufgestiegen, schob sich dieser neue Stand nach und nach zwischen Bauerntum und hohem Adel. Diese Dienstmannen oder Ministeriale wurden auch für den Bischof von Münster wichtige Stütze zur Machterhaltung und zum Machtausbau, innen und außen. Sie waren seine Begleiter zur Pfalz des Königs, auf dem Weg in das Heilige Land oder bei seinen Reisen durch das Bistum.
Die Beurkundung von Rechtsgeschäften, von Schenkungen oder Verkäufen ist zu dieser Zeit noch nicht die Regel. So wundert es nicht, daß wir über einen Sendenhorster Adel des 10./11. Jahrhunderts gar nicht, über den des 12. Jahrhunderts nur unzulänglich unterrichtet sind. Aber sicherlich hat es sie ebenfalls in Sendenhorst gegeben, die ritterlichen Krieger im Dienste des Bischofs oder anderer Großer, auch wenn die spärlichen schriftlichen Quellen wenig hergeben. In dem Jahrzehnt zwischen 1133 und 1142 reist Hermann von Sendenhorst im Gefolge des Bischof Werner. Er bezeugt 1139 eine bedeutende Schenkung, die Übertragung der bischöflichen Kirchen Werne und Ahlen an das wenige Jahre vorher gegründete Prämonstratenserkloster Kappenberg. Hermann urkundet zusammen mit anderen bekannten münsterschen Dienstmannen, mit den Herren von Dülmen, von Meinhövel, Bevern und Ahlen19. Die Kennzeichnung durch den Ortsnamen Sendenhorst deutet auf einen festen Sitz, vielleicht sogar eine Burg, hin. Man möchte Hermann von Sendenhorst in Zusammenhang bringen mit den gewaltigen Mauerfundamenten, Resten eine Burg des 12. Jahrhunderts, die 1975 beim Bau des Bürgerhauses ans Tageslicht kamen20. Leider versinkt die weitere Geschichte derer von Sendenhorst nach 1142 wieder im Dunkel der schriftlosen Zeit 21)

von Schorlemer Wikipedia

Das Werdener Gut im »Scurilingis miri«, im Schierlingsumpf, wurde im 12. Jahrhundert namengebend für eine Familie, die zwar in Sendenhorster Urkunden keine Spuren hinterlassen hat, die aber um so größere Bedeutung außerhalb des Münsterlandes erlangte. Die Familie von Schorlemer hat ohne Zweifel ihren Ursprung und Stammsitz im Schörmel nordöstlich der Siedlung Sendenhorst22. Zum Schutz gegen feindliche Überfälle errichteten die Schorlemers inmitten ihrer Sendenhorster Güter eine Turmhügelburg, eine »Motte«. Das war die bis ins 13. Jahrhundert hinein übliche Art des Burgenbaus: In der Talaue der Angel wurde ein kreisrunder Hügel aufgeworfen, ringsum mit einem Wassergraben umzogen und mit Palisaden und einem festen Blockhaus gesichert 23) Die Schorlemers suchten Verdienst und Auskommen bei auswärtigen Herren. Sie mieden das Dienstverhältnis zu ihrem bischöflichen Landesherrn. So nennen die Urkunden sie als Ritter und Burgmannen im Gefolge der Grafen von Arnsberg und Ravensberg. Genau wie hundert Jahre später ostwestfälische Adelsfamilien, wie die Retberg und von Quernheim, in den Sendenhorster Raum einsickern und hier seßhaft und begütert werden, genauso drängen die Schorlemers aus Sendenhorst hinaus nach Süd- und Nordosten. Sie erwerben Güter in der Umgebung von Soest und Lippstadt, werden Bürger von Soest, Lippstadt, Geseke und Osnabrück.

Bis ins 13. Jahrhundert schützte sich der Adel durch »Motten«, Turmhügelburgen.

Der »Knapp« auf der Knappwiese ist zweifellos, trotz seiner ungewöhnlichen rechteckigen Form, der Rest einer Turmhügelburg der Schorlemer. Die Anlage liegt in einer Bachschleife der Angel, dem »Großen Hof«. eine frühmittelalterliche Wallburg ist nicht auszuschließen.

Die Schorlemers waren mit der Familie von Warendorf versippt. Beide Familien waren maßgeblich an der Kolonisation und Besiedlung des Raumes zwischen Elbe und Ostsee beteiligt. Von Giselbert von Warendorf wissen wir, daß er zu dem Konsortium von Fernhandelskaufleuten und Adligen gehörte, das 1156 Lübeck gründete. Ludolf und Reinfried von Schorlemer sind Ende des 12. Jahrhunderts in angesehener Stellung als Truchsessen, Amtmänner oder Drosten der Grafen von Ratzeburg südlich von Lübeck. Reinfried, der Jüngere, war ein erfolgreicher Siedlungsunternehmer, ein »Lokator«, der im Auftrage seines gräflichen Herren Dörfler plante, Siedler anwarb und Ackerland zuwies. Man kann annehmen, daß Reinfried auch Siedlungswillige aus der Stammheimat seiner Familie, aus Sendenhorst, anwarb. Auf jeden Fall kam die Mehrheit der Siedler aus Westfalen. In dem von slawischen Wenden nur dünn besiedelten Gebiet gründete Reinfried von Schorlemer nicht weniger als zehn Dörfer, bei Lauenburg, bei Schwarzenbeck, am Schaalsee und südlich von Lübeck.

Als Kriegsmannen stritten die Schorlemer auf der Seite der Grafen von Holstein gegen die Dänen. Reinfried von Schorlemer kämpfte im Aufgebot der norddeutschen Fürsten, die am 22. Juli 1227 dem Dänenkönig Waldemar II. bei Bornhöved (südlich Bad Segeberg) eine vernichtende Niederlage verschafften. Bornhöved beschränkte die dänische Herrschaft auf die Eidergrenze. In einem ersten Vertrag bürgte Reinfried zusammen mit dem Grafen von Schwerin gegenüber dem gefangenen Dänenkönig. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts treffen wir Mitglieder der Familie Schorlemer in Lübeck, letztmalig 1296 Reynfridus Scorlemorle 24). Die weitere Geschichte der Schorlemer kann nicht Gegenstand dieser Ortsgeschichte sein. Erwähnt werden sollte jedoch ein bedeutender Vertreter dieser ursprünglich Sendenhorster Familie, Burghard Freiherr von Schorlemer-Alst (1825-1895), Zentrumspolitiker und engagierter Verfechter bäuerlicher Interessen. Von Schorlemer-Alst gründete 1862 den Westfälischen Bauernverein (»Bauernkönig«), war 1875-1887 Mitglied des Deutschen Reichstags und bemühte sich als Zentrumspolitiker während des Kulturkampfes um einen Ausgleich mit dem Staat 25)
Die westfälische Linie der Schorlemer von Fredehardskirchen führte im Wappen einen doppelt gezinnten Rechtbalken. Mit genau diesem Wappenbild siegeln im 14./15. Jahrhundert die Mitglieder einer Familie mit dem Spitznamen Mule (= Maul). Die Mule weisen sich durch Wappengleichheit als bescheidene Vettern der erfolgreicheren Schorlemers aus. Es ist der in der Heimat verbliebene Familienzweig, dem der ganz große soziale Aufstieg versagt blieb. Die Mules erscheinen vor allem in Urkunden, die Güter in der Bauerschaft Elmenhorst und in den Nachbarkirchspielen zum Inhalt haben. Vielleicht haben sie in Elmenhorst gewohnt. Auf jeden Fall waren sie zeitweilig bischöfliche Richter und Burgmannen zu Wolbeck 26). Die ehemals selbständige Landgemeinde Sendenhorst, das Kirchspiel, wählte 1938 das Wappen der Schorlemer-Mule für ihr Gemeindewappen, eine sicherlich sinnvolle Erinnerung an eines der großen Geschlechter des mittelalterlichen Sendenhorst 27)

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