Nr. 02 Fossilienfunde im Steinkühlerfeld

Das Steinkühlerfeld und das Ährenfeld bei Albersloh als reiche Fundgruben fossiler Fische, Krebse und Pflanzen der Kreidezeit.

Der Co-Autor meint: Ganz klar! Nymphaeseops Sendenhorstersis!!!

Eine Landschaft eigener Art bildet das unweit der Ahlener Grenze auf dem Gelände des Erbhofbauern Anton Große Kogge gelesene Steinkühlerfeld. Dor Weg dorthin führt durch viele Becken und Kämpe. Als uralte Wahrzeichen finden wir hier rauhborkige Eichen und wurzeldurchwachsene dicke Wallhecken, die leider in der Umgebung der Stadt ganz ausgerodet sind. Auf dieser hügeligen Grenzscheide zwischen  Sendenhorst und Ahlen wurde beim mittelalterlichen Schnadzug „Das Ganze halt“ geblasen. Vom Steinkühlerfeld zogen die Jäger heimwärts zum fröhlichen Festschmaus im Rathaus. Im Jahre 1811 wurde diese Gemeinheit an die Hudeberechtigten aufgeteilt. Dann entdeckte man, dass der dortige Mergelboden zahlreiche Plattenkalke enthielt, die als Baumaterial Verwendung finden konnten. Häuser und Brücken wurden daraus gebaut. Auch die Flurplatten der Aegidiekaserne in Münster entstammen aus diesen Steinbrüchen. Später stellte man fest, dass diese Gegend auch reich an Strontianit war. Abermals zog Leben ein in diese sonst so stille Landschaft. Von größerer Bedeutung aber ist, dass dieses Gelände wiederholt der Wissenschaft wertvolle Beiträge schenkte und den Namen Sendenhorst in alle Winde trug. 

Bekannt ist, dass man am 30.11.1932 bei Erdarbeiten auf dem Steinkühlerfeld in zwei Urnen 1400 Münzen fand. Dieser Fund, der um 1426 vergraben sein dürfte, ist nach den Urteil dar Sachkenner für die Kenntnisse des Münz- und Geldwesens Westfalens im ersten Drittel des 15. Jahrhunderts von großer Bedeutung. Weniger bekannt ist, dass vor 7o biss 80 Jahren berühmte Geologen ihre Schritte in diese Gegend lenkten. Man hatte festgestellt, dass die Sendenhorster Steinbrucharbeiter wundervolle Versteinerungen von Fischen und Krebsen im Besitz hatten. Trotzdem schon mancher Abdruck restlos zertrümmert oder zur Seite geworfen worden war, gelang es den Bemühungen der Professoren mit Hilfe des Sendenhorster Apothekers König, die Abdrücke zu einer einzigartigen Sammlung zusammen zu stellen. Zu dem Steinkühlerfeld trat zu gleicher Zeit als zweiter, sehr ergiebiger Fundort das Ährenfeld in der Bauerschaft Ahrenhorst. An beiden Stellen waren die Fischleichen in den Gesteinen zu einigen Millimeter dicken Massen zusammengepresst. Diese zerfielen beim Zerschlagen der Platten in eine Anzahl kleiner Bruchstücke, sodass nur die linke und rechte Körperhälfte übrig blieben. Der Fischreichtum war so groß, dass die Leichen sich überdeckten und allein eine Platte 26 Abdrücke von Fischen und zwei von Krebsen aufwies. Es ist das ein deutlicher Beweis, dass das Kreidebecken reich an Fischen war. Bei Sendenhorst scheint das vielleicht allmählich durch Hebung zum Binnenmeer gewordene Kreidebecken eingetrocknet zu sein und seine Organismen in kalkigem Schlamm begraben zu haben. Interessant ist was die beiden Forschern Dr. von der Merck und Dr. KI. Schlüter festgestellt haben, dass nämlich zwischen den bei Sendenhorst und in den Baumbergen gefundenen Versteinerungen und denen des Libanon und des oberitalienischen Monte Bolca bei Verona große Ähnlichkeit besteht. Das berechtigt zu der Annahme, dass die fischreichen Schichten dieser Gegend hinsichtlich ihres geologischem Alters nicht sehr verschieden sind. Sie gehören wahrscheinlich zu den jüngsten Gliedern der Kreidezeit. In unserem Ort bilden die Plattenkalke des Steinkühlerfeldes und des Ahrenhorster Feldes die Muldenmitte des Westfälischen Kreidebeckens, wo sie vom jüngeren Ablagerunden bedeckt sind. Die Grenze zwischen den Plattenkalken und der sich unter ihnen liegenden Kalkmergelschicht ist die eigentliche Fundstelle der fossilen Fische. Bei der folgenden kurzen Beschreibung der Fische, die besondere Eigentümlichkeiten aufweisen, folgen wir den Werken der bereits genannten Forscher. Das ist Pelargohynchus, ein Fisch mit aalartig verlängertem Körper und einem Storchschnabel ähnlichem Maule. Reich mit einigen hundert Exemplaren vertreten ist die Familie der Heringe. Es sind dies schlank gebaute mit verhältnismäßigen großen Flossen. An ihrem weißen, kalkphosphathaltigen Darminhalt erkannte man, dass diese Tiere von tierischen Substanzen, etwa kleine Krebsen lebten, an denen in des hiesigem Wasserbecken kein Mangel war. Auch der Hecht ist in verschiedenen Arten hier vertreten. Diese Arten zeichnen sich durch ihre kräftigen, hakenförmigen Zähne aus. Die Gattung Echidnocenphalus enthält dünne Fische mit einem spitzen, schlangenartigen Kopf. Der sehr lange Schwanz ist zuletzt fast fadenförmig. Der  Rumpf ist bogenförmig gekrümmt. Ein Raubfisch mit flachem Körper und weit gespaltenem,  mit starken Zähnen bewehrten Maul ist Schryrocephalus. Man fand selbst bei versteinerten Zustand in der Magengegend Reste von verschlungenen Tieren. An die Barbe erinnert Platycormus oblongug. Doch sind die Bartfäden nicht erkennbar. Eine Eigentümlichkeit der Art Leptotrachelus armatus ist ihre Bepanzerung. Sie bildet von der Schwanzflosse bis nur Bauchflosse drei Reihen herzförmige Schilder. Ein Fisch, der sowohl in Libanon, als auch in Sendenhorst vorkommt, ist Rhinellus furcatus. Er hat eine Länge von 50cm. Die Oberkiefer haben zwer zarte Zähnchen. Nach dem früheren Dreingau wurde die folgende Fischgattung Palaeolycus Dreginensis benannt. Zahlreiche und kräftige Gräten reichen bis zum Schwanz. Zu den größten Seltenheiten gehört der 45cm lange und 5cm hohe Abdruck eines jungen Haies. Wohl verteilt fand man Zähne und Wirbel vom Haifisch, aber vollständig erhalten nur ein Exemplar. Es zeigt einen spitzen, dreieckigen Kopf, eine große Maulspalte, ein starkes Gebiss und eine ansehnliche Augenspalte. Das Tier wurde nach dem bekannten Oberberghauptmann Dechen als Palaeoscyllum Drecheni bezeichnet. Es ist das wertvollste Stück der hier gefundenen Fischabdrücke. Einzigartig ist, dass neben den Meeresbewohnern sich hier auch einige Süßwasserfische vorfanden. Sehr interessant  ist ferner der sog. „fliegende Fisch“, der große halbmondförmige Vorderflossen aufweist und eine Länge von 40cm erreicht. Von Interesse ist ferner das Vorkommen von Tintenfischen. Bei verschiedenen Exemplaren fand man den Tintenbeuteln entsprechende Organe, die mit einer tiefschwarzen Masse gefüllt waren.

Neben den meist ausgezeichnet erhaltenen Fischen lieferten die Sendenhorster
Plattenkalke auch fossile Krebse, von denen einige Arten bisher ganz unbekannt waren. Die nach dem um die Kenntnis der westfälischen Kreidebildung hoch verdienten Prof. Roemer benannte Art Palaemon Romeri ist mit größeren Punkten getüpfelt, besitzt scharfe Sägezähne und lange dünne Füße. Während die Scheren fehlen, bemerkt man an einem Exemplar noch die Reste einer abgebrochenen Kieme. Eine andere Gattung weist große Ähnlichkeit mit den Garnelen auf. Ein neuer Typ ist Eurycarpius Schlüter. Bei diesem lang schwänzigen Kruster sind die hinteren Beinpaare länger als der Leib des Tieres. Auch das vordere Paar ist sehr kräftig. Das Entglied ist fingerförmig. Bei einem Krebs findet man die Eigentümlichkeit, dass die Innenwand der Hand mit scharfen, weit vorspringenden Dornen bewaffnet ist. Dieses Tier ist zu dem mit feinen und runden Höckern übersäht. Von besonderen Interesse ist hier, dass eine Krebsart nach ihrem Fundort bekannt ist und den wissenschaftlichen Namen Nymphaeseops Sendenhorstersis Schlüter führt. Weiter erbrachten einige aufgefundene Strahltiere den Beweis, dass die jüngsten Schichten der Westfälischen Kreide auch Seeigel umschließen. Neben Fischen und Krebsen enthielten die Plattenkalkevon Sendenhorst auch Reste bekannter Pflanzen und einiger Pflanzen, die in den Baumbergen noch nicht beobachtet waren. Leider sind diese Pflanzenabdrücke nur mangelhaft erhallten. Es liegen Stammteile, Aststücke, Blätter  und blattartige Gebilde vor. Blüten und Früchte aber fehlen gänzlich. Gefunden wurden Teile von Eucalyptusbaum und Blätter, die nach Umriss und Verlauf der Nerven den Eichen zugewiesen sind. Die letzteren Blätter sind gestielt und von lederartiger Beschaffenheit. Sie hinterließen eine ziemlich kohlige Substanz. Das Vorkommen von Aststücken mit Nadeln beweist, dass es auch Nadelwälder in der hiesigen Gegend gab, Vom Araucarites adpressum fand man Bruchstücke beblätterter Äste. Zu Ehren des Apothekers König erhielt eine eigentümliche Pflanzenart den Namen Calamitopis Konigi. Einige der mit seinen Einige der mt feinen Längsstreifen versehenen Stammteile scheinen hohl oder mit lockerem Mark auegefüllt gewesen zu sein, weil dieses Stamme innen eine Gesteinsmasse enthielten. Weiter bedecken Algenreste die Platten, die dadurch gefleckt und mit verworrenen Schriftzügen erscheinen.

Etwa 100 der besten bei Sendenhorst gefundenen Versteinerungen von Fischen, Krebsen und Pflanzen mit Abdrücke aus den Baumbergen zu einer Sammlung vereinigt, die heute einen großen wissenschaftlichen Ruhm genießt. Sie befindet sich im Geologischen Museum der Universitätsstadt Münster an der Pferdegasse. Von hier aus mit Prof. Wegner – Münster angeknüpfte Verhandlung zur Erlangung neuer Funde wurden leider durch das Ableben dieses bedeutenden Geologen unterbrochen.

 

 

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