Nr. 32/10 Die jährlichen Abgaben oder Spanndienste

Wenn schon dieses alles tief in die Freiheit der Bauern eingriff, so wurde die Lasten eines Hofes noch besonders vermehrt durch die jährlichen Abgaben und die wöchentlichen Spanndienste. Jeder Hof musste jährlich eine bestimmte Abgabe machen, die in Korn oder Vieh bestand.

Wir finden in den alten Verzeichnissen der Gutsherren betreffs Abgaben: Rinder, Kälber, Schweine, Schafe, Gänse, Hühner, Enten, Eier, Milch, Butter, Käse, hölzerne Löffel, Schüsseln, Handschuhe, auch wohl Heringe und Pfeffer. Einige Bauern mussten die Hälfte der Äpfel und Eicheln abgeben. Andere lieferten jedes 10. Fohlen, andere Fische. Bei der Ablieferung gab es dann noch mancherlei Bestimmungen über Größe und Wert der Abgaben. Zum Beispiel mussten manche Abgaben bei scheinender Sonne abgeliefert werden. Auch die Bewohner von geschlossenen Ortschaften waren zur Abgabe verpflichtet. Wer zum Beispiel in einem Ort von Adeligen einen Bauplatz erhalten hatte, entrichtete die große und kleine Wort ( jedes Jahr ein Ein zu Martini.)

Wohl die größte Last waren die Spanndienste für die Bauernhöfe. Die meisten Bauern hatten die Pflicht, jede Woche oder alle vierzehn Tage einen halben oder ganzen Tag mit Knecht, ein bis zwei Pferde und Karren, Wagen oder Pflug zur Arbeit anzutreten. Um 6 Uhr mussten sie beginnen. Im Winter mussten sie wohl mit drei bis vier Pferden antreten, um Holz aus den Waldungen zu holen. Beim Schnee wurden auch wohl Schlitten gebraucht. Der Knecht bekam ein Mittagessen nebst Bier und einem Schnaps. Die Pferde musste der Bauer selbst unterhalten. Dies ist nur ein Teil der Dienste, die besonders in der Zeit der Ernte sehr lästig wurden.

Die Kötter und die Wortleute brauchten durchweg keine Spanndienste zu leisten. Dafür mussten sie sogenannte Handdienste tun. Sie mussten im Feld oder Garten beim Mähen, Säen, Dreschen, Düngerfahren und im Busch beim Holz helfen. Auch sie bekamen die Kost nebst Bier. Auch die Jagd erforderte viele Dienste. Die Bauern mussten treiben und Klappern, oder gar eine Jagd aufnehmen. Andere mussten einen jungen Jagdhund auffüttern.

Als das Christentum in unserer Heimat eingeführt wurde, mussten die Bauernhöfe auch die Verpflichtung übernehmen, für den Unterhalt der Geistlichen zu sorgen. Fast an allen Stellen wurde der Pfarrstelle oder dem Vikarien bei der Gründung Ackerland zugewiesen, welches der betreffende Geistliche selbst bebauen lassen konnte. Außerdem wurde den einzelnen Höfen eine Abgabe aufgelegt und einzelne Höfe wurden sogar eigenhörig an die geistlichen Stellen. - Der Pfarrer erhielt für sich und seinen Kaplan von fast allen Höfen das sogenannte Messkorn. Bei der Gründung von Kirchen wurde auch die Stelle des Küstern nie vergessen. Von jedem Hofe erhielt auch er seine Abgaben. So bekam er von jedem Erbe 10 Eier. Dafür war er verpflichtet, auf diese Höfe nach Ostern oder Pfingsten das Weihwasser zu bringen. Diese Abgaben machten das Gehalt des Pfarrers oder Küsters aus. Kirchensteuern in unserem Sinne kannte man zu damaligen Zeit nicht. 

Wenn wir nun wieder die Lage des Bauernstandes überschauen, so sehen wird, daß die genannten Abgaben und Pflichten sicher schwer und drückend genug waren. Aber wir dürfen nicht glauben, daß der Bauer vor 500 oder 600 Jahren ein gedrückter Mann war. Im Gegenteil ! Er nahm teil am öffentlichen Leben, er erschien mit seinen Waffen geziert beim Ding, dem Volksgericht, in den Versammlungen der Gemeinden, Markgenossenschaften und Bauerschaften. Er war sogar in gewissem Wohlstande, und in Wort und Bild wird um diese Zeit gegen Üppigkeit und Kleiderpracht, gegen Luxus und Schwelgerei geeifert. Die malerischen Trachten wie die alten Goldkappen und der echte Goldschmuck der Bauernfrauen deutet noch darauf hin.

Dann aber kamen die Unruhen, die Raubzüge der Spanier und Holländer und der 30jährige Krieg. Diese haben den Wohlstand des Bauern- und Bürgerstandes vernichtet. Es ist damals im Münsterlande von den fremden Kriegsscharen so gehaust worden, daß ein großer Teil des Ackerlandes brach lag, daß viele Bauernhöfe zerstört wurden und wüst lagen, daß ganze Familien ihren Hof ausgaben und nicht wiederbekamen, ausstarben oder in die Stadt zogen. Noch heute erkennen wir aus den alten Akten, daß hier und dort ein Bauernhof gelegen hat. Einzelne Flurnamen deuten darauf hin. Seit dieser Zeit ist der Bauernstand nicht mehr zur Blüte gekommen, bis zur Zeit der Befreiung aus der Leibeigenschaft. Vom 30jährigen Kriege an bis auf Napoleon war der Bauer arm und verachtet und lag tief danieder.

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