Sendenhorst und Albersloh - Dreimal jährlich tagte das Gogericht

Die kommunale Neuordnung von 1975 knüpfte nicht die erste Verbindung zwischen den beiden Orten Sendenhorst und Albersloh. Vom hohen Mittelalter bis zur Aufhebung des Fürstbistums Münster 1802 unterstanden die Einwohner von Albersloh zusammen mit den Kirchspielleuten von Drensteinfurt (außerhalb der Stadtwälle), Rinkerode und Hoetmar in zivil- und strafrechtlichen Angelegenheiten dem Gogericht Sendenhorst.

Albersloh 1829 (nach einer Zeichnung von Rudolph Zumfelde, Kunsterzieher am Paulinum)

Im geographischen Mittelpunkt der fünf Gemeinden lag die Malstätte des Gerichts, westlich von Sendenhorst, auf dem gemeinsamen Weideplatz der Bauern aus der Bauerschaft Sandfort, dem „Meer“. Die Bezeichnungen Meerstraße und Meerbach halten die Erinnerung an den uralten Gerichtsplatz wach. Dreimal jährlich, bei winterlicher Kälte am Dienstag nach Dreikönige, zur Frühlingszeit am Dienstag nach Ostern und Pfingsten, waren sämtliche Eingesessene n des Gogerichts verpflichtet, auf dem Sendenhorster Meer zu erscheinen, den Bericht der Bauerrichter über Wegedienste und über den Zustand der Landwehren zu hören und allgemeine Landgerichtsurteile des Gogerichts zur Kenntnis zu nehmen.

Dieser war in der Regel gleichzeitig Stadtrichter von Sendenhorst Er residierte auf dem festen bischöflichen Haus im Süden der Stadt Sendenhorst, auf der heutigen Flur „Drostenhof“.

Haus und Gericht waren im 15. Jahrhundert an die adlige Familie Voß zu Enniger verpfändet und wurden durch Bischof Erich (1508 - 1522) für 350 Gulden wieder eingelöst. Während Haus Sendenhorst mit zahlreichen steuerfreien Grundstücken an den Drosten von Merveldt ging, blieben dem Richter einige Hausgrundstücke an der Sendenhorster Südstraße, von sämtlichen Bauern seines Gerichts »Gohühner«, von jedem Sendenhorster Bürger 2 münsterische Pfennige und die Nutzung eines kleinen Gutes in der Bauerschaft Bracht. Bei diesen spärlichen Einnahmen mußte dem Gorichter jede Gerichtsverhandlung höchst willkommen sein, denn sie brachte ihm außer den Schreibgebühren ein Drittel der verhängten Strafgelder.

Ein »Extractus Protocollaris« (Dep. Altertumsverein, Staatsarchiv Münster) hat für das Jahr 1673/74 alle Anklagepunkte, Urteile und Geldstrafen festgehalten, die das Gericht verhandelt hatte. Die Kirchspielsleute von „Alberschlohe“ waren etwas friedlicher als die Sendenhorster - der Weg zur Verwaltung mag manchen zu mühselig gewesen sein - die Anklagepunkte, die von erbosten, beleidigten, geschädigten Mitbürgern vorgebracht wurde n, waren die gleichen. Da ging es um Tätlichkeiten, Diebstähle und immer wieder um bösartige Beschimpfungen. Von bösen Worten schien eine magische, furchterregende Kraft auszugehen, warum wurden sonst die Gerichte bemüht? Bei haarsträubenden Anklagen wie Zauberei flüchtete sich der Richter in »Freispruch mangels Beweises«. Auf diese Weise bewahrte er den Angeklagten vor einem Hexenprozeß. in den übrigen Fällen wurden saftige Geldstrafen („Brüchten“) verhängt, 2 - 12 Taler. Dabei sollte man wissen, daß der Wochenlohn eines Tagelöhners in der Regel einen Taler betrug.

Bild: Drostenhof nach dem Krieg. Im Hintergrund die Brennerei Schulze Rötering

Was das »hochfürstliche Sendenhorstsche Gericht im Kirspelle Alberschlohe provocirt und wie darwieder verfahren worden«, soll im Folgenden mit verbesserter Rechtschreibung wiedergegeben werden:

*  Broill hat den fürstl. Eigenhörigen Budde an seinem Treibweg die Weidenbäume ausgezogen und zu nahe gegraben, daß der Weg einfallen tue.

*  Jobst Buddenberg: es wohneten zu Alberslohe 30 Zauberer, das wolle er erweisen (weil der Angeklagte sich durch einen Eid purgiert und weil das Gericht nichts beweisen können, freigesprochen).

*  Sengehove hat dem Stratman aus dem Westbusch 16 Bohlen abgestohlen, worauf der Angeklagte in flagranti ertappet von Stratmann (Weil Beklagter geständig und verschwiegen, daß sein Sohn beteiligt, also beide für schuldig erklärt).

*  Marie Wittib Naendrup hat Nicolas Berendten und Ludwichen Hammels, auch Berndten und der Wittiben Rüschenschmidt wie auch Gertruden Wissing und Grethen Rüschenschmidt berüchtigt, daß sie am Ostwesthause auf dem Tanz gewesen und der Zauberei beschuldigt.

*  Claus Hammels hat den Gesehermann mit einem Zaunstecken geschlagen und ihm seine Hand verletzt.

*  Der Vogt zu Albersloh hat sich beklagt, was gestalt der Küster zu Alberslohe seine Frächte (Zäune) nicht gebessert und also dessen Vieh dem Vogten drei Jahr nacheinander großen Schaden getan .

*  Johan Wigert hat d en Oistwest vor das Haupt geschlagen, daß ihm Nase und Mund geblutet.

*  Schulte Pelking hat Johannßen Voß dermaßen geschlagen, daß ihm die Augen geschwollen, auch die Nase geblutet.

*  Schulte Entrup, einst Cornet, hat im Beiwesen von Schulte Bis ping, Heggemnn, Strusemann und anderen Eingesesse ne n des Kirchspiels am Wirtshaus daselbst gesagt, er fragte den Teufel nach die Herren Beamten.

*  Zeller Niehues hat Schulte Entrup senior seinen Sterkhammer abgestohlen.

*  Bleckman hat die Geschworenen für einen Schelm gescholten.

*  Sengehave hat dem Herrn von Sunger aus seine r Hecke elf Staeken abgehauen, auch neben der Hecke das Holz ganz weggehauen und einen Zaum damit gemacht (Zwölf Taler Strafe!) .

*  Sengehave hat dem Herrn von Sunger etwas Heu bei Nachtzeiten vom Schoppen weggestohlen.

*  Die Wigertsche hat die Bullermannsche mit ehren verletzlichen Wörtern angefallen, sagend:
»Was sagst Du, Du hast keine Ehr zu sprechen, Du bist zum Teufel hergekommen, Du hast einen Schwanz«.

*  Die Küstersehe zu Alberslohe hat die Schulmeistersche daselbst ohne gegebene Ursache für einen krummen Teufel gescholten.

*  Der Küster zu Alberschlohe hat im Archidiakonatsbezirk ohne richterlichen Befehl eine Beschlagnahme durchgeführt, auch das Pferd ohne richterlichen Befehl eigenmächtig schätzen lassen.

 

Wer jetzt meint, die Sendenhorster seien dagegen „Unschuldslämmer“, der kann im Stadtarchiv nachlesen:

 

1626: Kirchspiel Sendenhorst

*  Johann Mellinghoff. weil er Schotten Junge" dergestalt mit Fäusten gestoßen, daß derselbe einen Arzt gebraucht

*  Hermann Alberts, weil er der Hausfrau des Fronen [Gerichtsdiener] den Bösen angewünscht, mit dem Zusatz, der Teufel grinse ihm aus dem Kopf

*  Johann Hoppe, weil er Adrian Jockendorf. als derselbe ihn zuerst auf die Nasen verwundet, mit einem Flegel aufs Haupt geschlagen.

*  Stefan Schockendrupf und Stefan Jungeman, weil sie auf dem Felde pflügend, sich untereinander verunwilligt und mir Pflugstaken geschlagen.

1627: Stadt Sendenhorst

*  Heinrich Knipper den Westpförtner einen Dieb gescholten und mit einem Degen in den Arm verwundet.

*  Hermann Wessels, weil als die Rövekampsche die von ihm geschützten Biester [Rindvieh] wegnehmen wollen. er dieselbe mit der Hand ins Gesicht geschlagen.

*  Hinrich Temme, weil er Everdt Herweg, wie derselbe seinen Vater einen Dieb gescholten, mit einem Kroß [Krug] an das Haupt geworfen.

*  Thonies Keithage, weil er unter Dietrich Hiddinghoffs Kühe melkend gefunden.

*  Meister Werner Purman, weil er Tonieß Jönsthövel eine Taute [Kanne] auf dem Kopf zu Stück geschlagen.

1637: Kirchspiel Sendenhorst

*  Adam Lange, weil er Winken Koithagen auf dem Hof mit einer Schuten {Schaufel] nachgelaufen, sprechend, ich will Dir das Haupt mit der Schuten mitten auseinander schlagen, und sie außerdem für eines Teufels Kind geschollen.

*  Vrede, weil er Heinrich Spithöver mit einem Knüppel zweimal über das Haupt geschlagen

*  Greite Dirichs, weil sie Evert, den alten Dovelhover, mit einem Stock ans Haupt verwundet.

*  Hermann Lindeman auf der Hardt. weil er unversehens mit Abwerfung einiger Speller Holz die Hölschersche aufs Haupt verletzt.

1638: Stadt Sendenhorst

*  Henrich Richter. weil er dem Schulmeister zu Sendenhorst bei Abendzeit ein Hol [Loch] in den Fuß geschossen.

*  Dietrich Figge. weil er zur Errettung seines Vaters Henrich Siekmann mit einer Zange über den hintersten geschlagen.

*  Henrieh Vennewald, weil er Henrich Dovelhofer in Werner Modersohns Behausung das Auge. Nase und Mund gewaltsamer Weise blunt und blau geschlagen.

*  Bemdt Nießman. weil er Henrich Büscher in offenen Gelage in Dietrich zu Geist Behausung mit einer Zinnkannen durch den Hut ins Haupt verwundet

*  Henrich Hölscher. weil er vor drei Wochen Johann Fischer auf dem Rat/raus mit einer Zinnkanne ein Hol [Loch] in den Kopf geschlagen.

*  Bernd zur Brüggen, weil er Johann Möllenkamp [Anm: den Notar] in Trunkenheit einen Lügner gescholten, dabei hinzufügend, er sei nicht wert. daß er mit einem ehrlichen Mann aus einem Pott trinke.

*  Peter Hintzenbrock, weil er die Brewelsche ehrenrührig ein Kafell [Gaffel?], ein schand- und lügenhaftig Sack gescholten.

*  Maria Wedemhove, weil sie ihrer gewesenen Magd in Johan Meyes Behausung ihren Rock gewaltsamerweise ausgezogen und ins Gesicht geschlagen.

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