Sendenhorst - Vor 90 Millionen Jahren ein großes Meer

Eine Landschaft eigener Art in Sendenhorst bildete früher das unweit der Ahlener Grenze gelegene Steinkühlerfeld. An dieser hügeligen Grenzscheide zwischen Sendenhorst und Ahlen hielt der mittelalterliche Sendenhorster Sehnadezug auf, wenn "das Ganze halt" geblasen wurde und man heimwärts zum fröhlichen Festschmaus aufs Rathaus zog.

Pazifischer Geigenrochen heute - sehr ähnlich dem gefunden Exemplar

Im Jahre 1811 erfolgte die Aufteilung dieser Flächengemeinheit an die Hudeberechtigten. Dadurch entdeckte man, daß der in den Steinbrüchen vorhandene Mergelboden zahlreiche Plattenkalke enthielt, die als Baumaterial für den Haus- und Brückenbau - u. a. für die Flurplattierung der früheren Aegidiikaserne in Münster - Verwendung fanden.

Dem von 1838 bis 1883 in Sendenhorst wirkenden Apotheker Ernst Bernhard König ist es zu verdanken, daß die im Besitz der Sendenherster Steinbrucharbeiter befindlichen Versteinerungen von Fischen und Krebsen der Wissenschaft zugänglich gemacht worden und heute in einer Sammlung der Nachwelt erhalten geblieben sind. Die Fossilienfunde in Sendenhorst und in den Baumbergen zeigen Abdrücke von Fischen, die vor rund 90 Millionen Jahren gelebt haben.

Bei Sendenhorst scheint das vielleicht durch Hebung zum Binnenmeer gewordene Kreidebecken eingetrocknet zu sein und seine Organismen im kalkigen Schlamm begraben zu haben. Das Kreidemeer muß reich an Fischen gewesen sein, denn allein eine Gesteinsplatte weist 26 Abdrücke von Fischen und zwei von Krebsen auf.

Die Geologen Dr. von der Marck und Dr. Schlüter haben seinerzeit festgestellt, daß zwischen den bei Sendenhorst und in den Baumbergen gefundenen Versteinerungen und denen des Libanon sowie des oberitalienischen  Monte Bolca bei Verona große Ahnlichkeit besteht. Sie kommen dadurch zu der Annahme, daß die fischreichen Schichten dieser Gegend hinsichtlich ihres  geologischen Alters nicht sehr verschieden sind. Sie dürften zu den jüngsten Gliedern der Kreidezeit zu zählen sein.

Die heimischen Plattenkalke des Steinkühlerfeldes und des Ahrenfeldes in der Bauerschaft Ahrenhorst im Sendenhorster Ortsteil Albcrsloh bilden vermutlich die Muldentiefe des westfälischen Kreidebeckens, die wiederum von jüngeren Ablagerungen bedeckt  wurde. Die Grenze zwischen den Plattenkalken und der darunter befindlichen Kalkmergelschicht ist die eigentliche Fundstelle der fossilen Fische.

Über 30 verschiedene Fischarten sind bis heute durch diese Funde bekannt geworden, die zusammen mit ca. 100 der besten bei Sendenhorst und in den Baumbergen gefundenen Versteinerungen von Fischen, Krebsen und Pflanzen in einer Sammlung im Geologisch- Paläontologischen Institut der Universität Münster an der Pferdegasse unweit des Domplatzes aufbewahrt und in Schaukästen gezeigt werden.

Bei dem vorsintflutlichen Alter der im Gestein abgebildeten Fische ist es nicht verwunderlich, daß die wenigsten von ihnen mit den Formen der heutigen Fischarten übereinstimmen. Der Katzenhai und Geigenrachen leben heute noch in unseren Meeren. Daneben sieht man Fische, von denen artverwandte Formen wie Schleimköpfe und Rüsselsame nur noch in tropischen Gewässern anzutreffen sind. Zu ihnen gehören auch die angeblich fliegenden Fische, von denen gleichfalls einige in der Sammlung vertreten sind. Nach dem Stand der heutigen Wissenschaft weiß man, daß diese Fische ihre großen Bauchflossen lediglich für Schreckstellungen benutzten, aber nicht die Fähigkeit hatten, damit zu fliegen.

Interessant sind ferner Abdrücke von Fischen, von denen Nachkommen heute nur noch in der Tiefsee leben, also seit der Kreidezeit  aus der Flachsee rn die Tiefsee abgewandert sein müssen.  Mit anderen Funden, wie z. B. das 3,10 m hohe Skelett eines 100 000 Jahre alten  Mammuts, das 1910 bei Ahlen gefunden wurde, bietet das dem Institut angeschlossene Geologische Museum eine einmalige Gelegenheit, den geologischen Aufbau unserer engeren Heimat näher kennenzulernen.

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