Sendenhorster Flurnamen im Stadtgebiet - Einblick in die frühere Wirtschaftsform

Die jahrhundertelang gebräuchlichen Flurnamen erbten sich von Geschlecht zu Geschlecht durch mündliche Überlieferung bis auf den heutigen Tag fort. Ihre Erhaltung und Erforschung ist im jetzigen technischen Zeitalter im Interesse der Heimatgeschichte von großer Bedeutung.

Im Sendenhorster Stadtgebiet erinnern noch manche Flurnamen an die einstige Wallbefestigung, wie "auf'm Wall, auf der Welle, Stadtwall, Wallstiege". Die Gräben, die den Wall umsäumten, waren namengebend für die Flur "Am Stadtgraben" und für den Stadtring, den in Nord-, Ost-, Süd- und Westgraben unterteilt ist. Der Wallring wurde unterbrochen durch vier Tore, die nach den Himmelrichtungen Nord-, Ost-, Süd- und Westtor bezeichnet werden. Eine alte jüdische Begräbnisstätte liegt auf dem letzten Rest des Walles. Für diesen Judenwall prägten die Anwohner den Namen "Wibbsenwall", weil sie unter den Wespen, die in dem Wall geeignete Schlupfwinkel finden, zu leiden haben. Im nördlichen und südlichen Stadtgebiet befinden sich noch heute die Norden- und Südenbleiche. Die dortigen Grundstücke dienten damals zum Bleichen des Flachses.

Für die Bezeichnung "Am Armenhause" war das früher an der Schulstraße gelegene Armenhaus namengebend. Dem Fremden fällt der Straßenname "Schlabberpohl" auf. Der Name geht auf die vielen Pfützen zurück, in denen im Mittelalter Hunde und Schweine schlabberten. Der Kühl verdankt seinen Namen der Form der Flur. Die Straße, deren Name Sacksipfel bedeutet, führte früher in eine Sackgasse, die keinen Ausgang hatte. Der benachbarte Drostenhof leitet die Benennung von Droste, einen hohen königlichen Beamten, ab. Dem sicheren Anschein nach wohnten die Bediensteten des Drosten oder des Vogtes auf dem Drostenhof. Zu den Ländereien des Drosten wird auch die Flur "Bei der Domäne" gehört haben. Neueren Ursprungs ist die Benennung "Liebesgasse" für eine dunkle, von
der Weststraße abzweigende und sehr enge Stiege. Vor dem St.-Joseph-Stift biegt nach links die "Penningsstiege" ab. Man nannte sie so, weil für die jährliche Graspacht nur wenige Pfennige erzielt wurden. Der Name "Placken", bezeichnet ein großes Flurstück, daß ringsherum bebaut wurde. Obwohl die Flur im Kataster den Namen Plätzchen trägt, hat sich im Volksmund "auf'm Placken" erhalten. An der heutigen Fillstraße befand sich ehemals der Fillplatz, an dem der Schinder den verendeten Tieren das Fell abzog. Immer wieder werden dort bei Erdarbeiten große Tierknochen zutage gefördert.

Im Gegensatz zum Ackerland, das schon früh geteilt wurde, blieben die Weiden noch lange im Gemeinbesitz. Das gemeinsame Besitztum lag längs der Straße nach Beckum und hieß Ostheide. Wahrscheinlich war die Flur ursprünglich mit Heidekraut und Gestrüpp durchsetzt. An sie erinnern noch "Ostheide, Buschheide und Beidestiege". Zu dem freien Anbau vorbehaltenen Sonderland einzelner Markgenossen zählten die Flure "Sundern" und "Sundernkamp". Die "Geist" im westlichen Stadtbezirk bedeuet wenig fruchtbares, sandiges Gelände. Hierher gehören auf "Auf der Geist" und "Geisthöfken". In der Mark wurden keine Gänse geduldet. Für sie gab es den "Gaisegaorn". Das vor der Stadt liegende Ackerland war in lange Streifen aufgeteilt, die hier Garten oder Ruten genannt wurden. Wir finden "Außengärten, Mittelgärten, Kurze Gärten, Suengaorn (Südengarten), Ruengaorn, Spannigegärten, Schlunengärten". Unsicher ist die Deutung der Flurnamen "Schluse" und "Schleiten". Die Flur "Auf'm Bült" verdankt ihre Bezeichnung der freien und hochliegenden Lage. Auf schlammigen Boden lassen "Meerbree" und "Meerstraße" schließen. Auch in "Brock" gleich Bruch wird die Sumpflandschaft zum Ausdruck gebracht. Wir finden "Mittelbrock, Achterbrock, Kleine Brock, Brockstraße". Leicht verständlich sind die Namen "Mühlenweg, Mühlenkuhle, hinterster und vorderster Mühlenkamp."

Häufig sind die mit "feld" zusammengesetzten Bezeichnungen. Sie deuten eine ziemlich baumlose Fläche an. Für die Flur "Im Himmelreich" kommen zwei Erklärungen in Frage. Man nimmt an, daß unsere Vorfahren den Namen für eine hochgelegene Fläche geprägt haben. Vielleicht wollten sie auch damit die gute Bodenbeschaffenheit ausdrücken. Auf guten Boden weist vermutlich auch "Obergüldenort" hin, wobei "Ort" ein in eine Spitze zulaufendes Grundstück bezeichnet. In der gleichen Richtung liegt auch "Gurort". Ein garer, triebkräftiger Boden wird diese Flur ausgezeichnet haben. Die "Galle" dagegen lässt auf einen steinigen Boden schließen. Der mancherorts vorkommende Flurname "Uebelgönne" wird als Bezeichnung für eine Flur gedeutet, die dem Eigentümer missgönnt und darum streitig gemacht wurde. Die oft gestellte Frage nach der Bedeutung des Flurnamens "Aschenpott" findet noch keine befriedegende Antwort. Vielleicht wurden einstmals auf der Flur Eschensetzlinge herangezogen. Vielleicht befand sich in ihr eine große Bodenvertiefung, die mit Asche und Kehrricht gefüllt wurde.

Eine schildförmige, dreieckige Bodenerhebung führt den Namen "Schild". Im südlichen Stadtgebiet liegt die "Stadts-Börne". Unter ihr ist eine Wasserkuhle zu verstehen, aus der das Vieh getränkt wird. Wenige Anhaltspunkte bieten für eine Deutung die Bezeichnungen für die Fluren " Kleine und große Sengerei, Möört und Greifenkuhle". Die letztere diente früher nicht nur als Pferdeschwemme, sondern aus ihr holte auch "Freund Adebar" die jungen Sendenhorster.

Wald und Busch in Sendenhorster Flurnamen

Die Flurnamen bilden eine wichtige Quelle für die Heimatgeschichte, wie ihre Kenntnis die Verbundenheit zur heimischen Scholle stärkt. Manche Flurnamen sind uns schon fremd geworden. Bei der Neugestaltung der Besitzverhältnisse gehört es zu den Aufgaben der Heimatpflege, dafür zu sorgen, daß sie weiterhin fortleben. Zu den früheren Marken gehörten Ackerland, Weide und Wald. Es war genau verfügt, wieviel Holz der Marktgenosse im Jahr schlagen durfte. Flurnamen mit der Silbe "Wald" bezeichnen gewöhnlich große Waldgebiete. Unter "Busch" versteht man hingegen meist kleine, alleinstehende Bauernwälder. Nach Prof. zur Bonse bedeutet Sendenhorst - Weg im Walde. Andere Sprachforscher leiten den Namen von dem lateinischen Wort synodus - Zusammenkunft ab. Auch die Bauerschafsnamen Elmenhorst, Bracht und Hardt weisen auf früheren Holzreichtum hin. Sehr häufig sind hier Flurbezeichnungen mit - busch, -holt und -loh. Manche davon geben Auskunft über die Art des früheren Bau- und Strauchbestandes, wie Erlenbusch, in den Erlen, Eckenbusch, im Ekern, vorderster und hinterster Wiebusch, Birkenbusch, Espele, Espelkamp, Rausenbusk, kleine Heidbüsche, in der Kugelheide. Auch Telgenbusch und Telgengärtchen erinnern an frühere Eichengehölze. Auf die Lage der Flurstücke weisen die Namen im Appelhof, Unter dem Pflaumenbaum, Schweinestallbusch, Südbusch, Münsterkampbusch hin. Oft war die Bodenbeschaffenheit namengebend. Auf schlammigen Boden im Kirchspiel deuten Moorbusch, Holtblank, Im blanken Holt, Deipenfuerbüsche, auf steinigen Boden Steinigbusch, Steinhegge und auf fruchtbaren Boden Holtwoert. Dem Quekenbusch scheinen Quecke (Unkraut) oder Kwikken (dünne Zweige) den Namen gegeben zu haben.

Bei den vielen Flurstücken, die mit -hagen, -hagge, -hege, -hiege zusammengesetzte Namen tragen, handelt es sich um schmale, zur Einfriedigung bestimmte Waldstreifen. Für die Landwehr war die Bezeichnung Kirchspielshaben üblich. Während die Landwehr erfreulicherweise zum großen Teil bis heute erhalten blieb, ist die Stadthegge, die am Grünen Weg das südliche Stadtgebiet abgrenzte, in den letzten Jahrzehnten ganz verschwunden. Aus der Stakenhiepe und aus der Stockhiege holte man früher außer Brennholz die Staken und Holzknüppel, um die unbefahrbar gewordenen Wege auszubessern. Der Speckenbreidenbusch lieferte die Knüppe für die Anlage von Knüppeldämmen. Aus der Wuorsthegge und aus der Dörnhiege holten wir früher die "Wuorstdörn" zum Verschließen der Wurstenden. Die Phantasie unserer Vorfahren prägte manchmal wunderliche Namen. Auf Vergleiche mit einem Pflugbaum beruhen die Flurbezeichnungen Pflugbaum und Pflugbaumerbusch. Manche Stücke benannten unsere Vorfahren nach den dort vorkommenden Tieren. Der Hirschbusch erhielt vielleicht seinen Namen, weil dort einmal ein Hirsch erlegt worden ist. Auf ein häufiges Vorkommen von Schlangen weisen der vorderste und hinterste Schlangenbusch, von Hasen das Hasenholz, von Fröschen das Poggenholt und von Hunden das Ruenholt hin. Der Name Reuse ist wahrscheinlich von den dort ausgelegten Fischreusen abgeleitet. Unsicher ist die Ableitung der Flurnamen Im Sprinkelstrunk, Ripsholt und Erdmanns Knokelbusch. Das Geisterholt verdankt seinen Namen nicht, wie vielfach angenommen wird, den dort umgehenden Geistern, sondern erhielt ihn von dem ehemaligen Hof Geisterholt in der Bauerschaft Brock. An zwei Stellen finden wir im Kirchspiel den Namen Thiebusch. Diese Fluren dienten unseren Vorfahren als Versammlungsplätze und als Gerichtsstätten (vgl. Thing). In einigen Bezeichnungen erscheint der Name des Eigentümers, z.B. Schöckinghegge, Kerkmannsbusch, Brüserbusch, Meybusch, Fraterherrenbusch, Hertzholt.

Leider sind manche mit -baum zusammengesetzte Namen in Vergessenheit geraten. Pfarrer Kuipers bezeichnet 1778 u.a. die folgenden Flurstücke als Pastoratsland: Auf dem Bogenkamp vor dem Glorienbaum, Auf dem Sommerlager vor dem Plaggenbaum, Im Härderfeld vor dem Bersenbaum. Vermutlich stand unter dem bereits 1582 im Heberegister erwähnten Glorienbaum ein Heiligenhäuschen. Auch der Name Hilgenhege lässt darauf schließen, daß sich dieses Grundstück in Kirchenbesitz befindet. Sendenhorsts höchste Geländerhebung ist der Witte Paohl. Es ist anzunehmen, daß diese Benennung von einem weiß angestrichenen Grenzpfahl herrührt. Die Bezeichnungen Großes und Kleines Rodland, Rodde und Brand deuten an, daß später durch Ausroden und Abbrennen von Buschholz neues Kulturland gewonnen wurde. Pfarrer Kuipers berichtet im Jahre 1777: "Der "Pepenbrock oder Brand" war ehedem ein dicker Busch, der durch öfteren Hausbau zu einem Weidekamp geworden ist.

Der "Kamp" in Sendenhorster Flurnamen.

Für das Kirchspiel Sendenhorst wird zur Zeit der Plan für die neue Flureinteilung ausgearbeitet. Mit der Flurbereinigung erhält die Gemarkung ein verändertes Gesicht. Die vielen kleinen Parzellen verschwinden. Kleine Waldstücke und manche Hecken werden beseitigt. Erfahrungsgemäse verschwinden mit der alteigenen Scholle auch die alten, für die Vor-, Landes- und Heimatgeschichte bedeutungsvollen Flurnamen, von denen viele bereits in Vergessenheit geraten sind. Es ist das Gebot der Stunde, die noch bekannten Flurnamen in ihrer hochdeutschen und in ihrer mundartlichen Form zu retten und sie an die kommenden Geschlechter weiterzugeben.

Gegen 200 Flurstücke tragen in Sendenhorst den Namen Kamp. Unter Kamp versteht man eine große Landfläche, die eingefriedigt ist und meistens als Weide benutzt wird. Schlicht und doch treffend zeigen die Namen mit Kamp die natürlichen Verhältnisse des Flurstückes an, z.B. Hangekamp, Bowenkamp, Bergkämpchen, Voernkamp, Plaggenkamp, Rüschenkamp, Leigenkamp, Baunenkamp, Wickenkamp, Schlehenkamp, Roggenkamp, Suerkamp. Einfach zu deuten sind auch Schoppenkamp, Ostkämpchen, Kämpchen vör de Düör. Die Namen Sunnenkamp und Sommerkamp bezeichnen die südliche Lage der Flurstücke. Der Sunderkamp ist eine Flur, die aus der allgemeinen Nutznießung ausgesondert wurde und sich in Privateigentum befindet. Der Fennekamp lässt auf einen unfruchtbaren und moorigen Boden schließen. Der Bremkamp liegt am Rande eines grösseren Waldes oder Feldes. Auch Münsterkamp und Hamwegkamp sind höchstwahrscheinlich nach ihrer Lage bezeichnete Grundstücke. Der Teigelkamp weist auf eine dort errichtete Ziegelei hin. Auf dem Püttkamp befand sich ein Schöpfbrunnen. Fast jeder Bauernhof hat heute noch einen Flaßkamp. Der Linnenkamp diente zum Bleichen des Leinens. Wie viele Orte, so hatte auch Sendenhorst einen Galgenkamp, "alwoh vormahlen der Galgen gestanden hat". Auf eine weitere Gerichtsstätte deuten die Flurnamen "Thie, Thiekamp, am Thiebree" in der Bauerschaft Elmenhorst hin. Von den Kindern gemieden wird der Teufelskamp. Vielleicht ist der Name von tiuf gleich tief abgeleitet. Das Holtkämpchen verzeichnet einen gewissen Holzbestand. Gern benannten unsere Vorfahren die Feldstücke nach den in der Nähe errichteten Bildstöcken, wie Kapellenkamp und Bildkämpchen. Manche interessante Benennungen wurden aus der Tierwelt abgeleitet. Hierher gehören im Kirchspiel Sendenhorst Rüenkamp, Kattenkamp, Poggenkamp, Uhlenkamp, Hahnenkamp, Hönerkämpken. Nach Personennamen sind bekannt Potthastkamp, Hessekamp, Höckerskamp, Bowinskamp und Schmetkämpchen. Der Scherbenkamp wird künftig eine grössere Beachtung verdienen, zumal da es in seiner Nähe eine Scherbenstroute und einen Scherbenhügel gibt. Vielleicht hat man den Flurstücken diese Namen gegeben, weil auf ihnen wiederholt Scherben oder Reste von Gräberfeldern gefunden wurden. Von Interesse ist, daß es auch früher innerhalb der Stadt einen eingefriedigten Kamp gab. Hier lag im Jahre 1315 der zum Überwasserkloster gehörende und nach seinem Pächter benannte Woltharkinckamp. Für ihn wurden acht Schillinge als Pachtgeld entrichtet.

Alte Sendenhorster Flurnamen:

"Schörmel" und "Spannergärter" - Oestlich der Stadt Sendenhorst, schon zur Gemeinde Kirchspiel Sendenhorst gehörig, liegt ein Grundstückskomplex der Freiherrlich von Kettelerschen Verwaltung in Größe von etwa 50 ha, "Schörmel" genannt. Wie sich beim Studium alter Akten herausgestellt hat, hiess der Schörmel früher "Schirmerhove", "Scharenberger Hove" ist die noch ältere Bezeichnung. Der zweite Teil des Wortes, "hove" scheint die schon seit langen bestehende Vermutung zu bestätigen, daß die zusammenhängende Grundstücksfläche nicht, wie heute, stets in der Bewirtschaftung zahlreicher Ackerbürger gestanden hat, sondern früher einmal ein eigener Hof gewesen sein muss. Doch haben sich Reste hiervon bisher nirgends gefunden. Der Schörmel gehört seiner Geschichte nach zur Harkotter Gütergruppe. Im Jahre 1753 wurde eine Witwe von Ketteler mit der Schirmerhove belehnt. Sie war nämlich ein Lehnsgut des Fürstbischofs von Münster. Seitdem befindet sich der Schörmel in Händen der Familie von Ketteler. Nach Aufhebung des Lehnswesens ging er in deren Eigentum über.

Südlich der Stadt liegt eine Flur, die die Bezeichnung "Spannergärter" trägt. Bekannt ist, daß sich diese Bezeichnung aus "Spaniger Gärten" entwickelt hat. Während aber bisher immer Spaniger stets mit dem fast gleichlautenden Wort Spanier in Verbindung gebracht wurde, konnte nun an Hand einer alten Aufzeichnung die sich im Pastorat befindet, geklärt werden, daß es einem Bürger
namens Spaniger gegeben hat, der im Besitz dieser Gärten gewesen ist und sie später veräußert hat. Sein Name ist jedoch in den Gärten erhalten geblieben.

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