Ein Wahrzeichen verschwindet

Im Laufe der Jahre war er zu einem Wahrzeichen geworden., das aus der Silhoutte der Stadt kaum wegzudenken war.. Doch am 5. Juli 1999 begann für den Sendenhorster Wasserturm das Ende.

In einer mehrwöchigen Aktion haben Bautrupps Stück für Stück den 42 Meter hohen Beton-Riesen abgetragen, der im Laufe der Jahre baufällig geworden war. Der Mohr hatte seine Schuldigkeit getan...

Hinfällig in seiner Eigenart als Wasserturm wurde das Bauwerk, das  auf der Geist in direkter Nachbarschaft zur Realschule sein Dasein fristete. In der Nacht vom 27. auf den 28.12.1977, seitdem erfolgte die Wasserversorgung über eine Druckrohrleitung der Gelsenwasser AG. Diese machte die Dienste des massigen, unverwechselbaren Monolithen auf dem 70 Meter hohen Mühlenberg überflüssig.

Seit dieser Zeit wurde viel darüber geredet, wie eine weitere Verwendung des Wasserturmes aussehen könnte. Als Jugendheim oder als zusätzliche Realschulklasse war er von findigen Köpfen angedacht worden, darüber hinaus war er als Café in luftigen Höhen im Gespräch gewesen. Noch weiter ging der damalige Stadtrat Dr. Lintel-Höping, als man aus Finanzierungsgründen Ende der 40er Jahre in den Bau des Wasserturmes Sozialwohnungen integrieren wollte.

„Wenn wirklich einmal kein Mieter mehr zu finden sei, so ließe sich das Gebäude als Altersheim, Privatklinik oder Jugendherberge immer nutzbringend verwenden“, heißt es in Petzmeyers Stadtchronik von Sendenhorst. Doch all diese Planungen verschwanden genauso so schnell wieder in Schubläden, aus denen sie. geholt worden waren. Geblieben war dem Wasserturm seit Ende der 70er Jahre eigentlich nur die Funktion einer Abstellkammer. Das städtische Wasserwerk hatte im Keller seine Materialien für die Versorgungsleitungen. Haus- und Straßenanschlüsse im Stadtgebiet aufbewahrt. "Der Keller ist jetzt der Betriebshof“, erklärte Rudolf Bartmann von der Stadtverwaltung bei einem Rundgang kurz vor Abriß des Wasserturmes. Dabei erinnerte er daran, daß die Räumlichkeiten im Erdgeschoß des Turm für eine Zeitlang von den Sportlern genutzt worden. Doch als Anfang der 8Oer Jahre das Sportzentrum in direkter Nachbarschaft zum Turm eröffnet wurde. gab es in den dortigen Umkleidekabinen selbstverständlich fließendes Wasser - der Gang zum Wasserturm wurde überflüssig.

Nicht zu vergessen ist auch, daß der Wasserturm direkt nach seiner Erstellung von den Sendenhorstern bereits als Ort der Reinigung und Sauberkeit bekannt war. Beim Bau des Turmes 1950/51 waren die Sendenhorster Privathaushalte noch weitgehend ohne eigene Badezimmer, so daß die kommunale Einrichtung geschätzt war. Die Sendenhorster konnten hier duschen und baden, mehrere Kabinen ließen eine parallele Nutzung der Räumlichkeiten zu. Im Empfangsbereich saß Verwaltungsmitarbeiter Paul Kontke an einem Schreibpult. Er nahm das Geld für die Nutzung der "Massenbrause" bzw. des Bades entgegen und achtete peinlich genau auf die Einhaltung der Badezeiten.

Die zentrale Aufgabe des Wasserturmes lag darin, einen Ausgleich zwischen der Leistung der Pumpstation auf der Hardt und der Abnahmemenge seitens der angeschlossenen Haushalte und Unternehmen zu finden. Er war demnach eine Art Überlauf für Zeiten starker Wasserforderung bzw. geringer Abnahme und ein Reservoir, wenn wenig gefördert, bzw. viel Wasser benötigt wurde oder man eine übermäßige Belastung der Pumpen vermeiden wollte.

Insgesamt 400 Kubikmeter Wasser fasste der Hochbehälter: der größtmögliche, tägliche Bedarf wurde 1949 mit 700 Kubikmetern beziffert. Als Abnehmer gab die Stadt 4.700 Einwohner, 600 Stück Groß- und 2.100 Stück Kleinvieh an.

Der Bau des Wasserturmes auf dem Mühlenberg  muß in dem Zusammenhang gesehen werden mit der Anlage der ersten Trinkwasserleitung Anfang der 50er Jahre. Er war, genau genommen, nur eine Auflage der Bezirksregierung, die ihn als Hochreservoir verlangt hatte und Zuschüsse zum Ausbau des Leitungsnetzes von seiner Erstellung abhängig gemacht hatte. Diese Auflage erhöhte die Gesamtkosten für das Projekt „Zentrale Wasserversorgung“ auf geplante 400.000 DM.

Die Notwendigkeit in Sendenhorst für sauberes Trinkwasser zu sorgen, war bereits Jahrzehnte zuvor erkannt und in Angriff genommen worden. Doch verschiedene Umstände (u. u. zwei Kriege) haben immer dafür gesorgt. daß eine Umsetzung des Vorhabens scheiterte. Bereits um 1900 war bekannt, daß Seuchen und Epidemien durch die Vermischung von Grundwasser mit Abwässern entstehen können. Bis zur Lösung der Wasserprobleme mit dem Bau der Leitung 1950 hatten die Sendenhorster ihre tägliche Ration Wasser diversen Hausbrunnen entnommen. Doch das Wasser war bräunlich, stark eisenhaltig und für den Genuß, sowie der Reinigung von Kleidungsstücken nicht zu gebrauchen.

Die Stadt Ahlen hatte seit 1905 in der Sendenhorster Bauerschaft Hardt Brunnen gebohrt und ein Pumpwerk errichtet. Sinnvoll war es nun, Anschluß an die nahe gelegene Wasserversorgung der Stadt Ahlen zu finden, aber eine Kooperation kam  nicht zu Stande. Direkt nach der Währungsreform 1948 wurde das Thema abermals in Angriff genommen. Der neue Sendenhorster Stadtdirektor Esser wurde in Ahlen vorstellig und hatte Erfolg.

Nachdem mit einigem Geschick die Finanzierung des Vorhabens stand, ging es an die Realisierung, die zu einer echten Gemeinschaftsarbeit wurde. Für den Aushub, der dem Verlegen der Leitung auf der Hardt zum Stadtgebiet (2.750 Meter Länge) zwingend vorausging, hatte sich die Sendenhorster Bevölkerung zu Hand- und Spanndiensten freiwillig eingefunden. Am 22. März wurde an der Pumpstation auf der Hardt begonnen. Die beiden ersten Tage bestritten Rat und Verwaltung der Stadt mit Hacke und Schippe. der damalige stellvertretende Bürgermeister Hubert Schulze Tergeist war tags zuvor mit Zugmaschinen und Pflug vor Ort gewesen und hatte die Erdkruste aufgerissen. Danach waren die Bürger an der Reihe. Das Sendenhorster Wasserwerk nahm zum September 1950 seinen Betrieb auf.

Beim Bau des Wasserturmes entschied sich der Stadtrat Mitte Juni 1950 für den Entwurf der münsterischen Firma Büscher, der vom Architekten Kleffner (Münster) gefertigt worden war. Danach konnten die Bagger rollen.

Nach oben

Ahnenforschung
Blätterwald
Fakten
Geschichte(n)
Grundwissen
H. Petzmeyer
Kornbrenner
Quellen