Vom Weideland zum „Himmelreich“

Sendenhorst. Alte Flurnamen haben es Dr. Heinrich Book schon lange angetan. In vielen Orten seien diese bereits katalogisiert und veröffentlicht, damit sich die Menschen daran erinnerten, warum der „Landstrich“, auf dem sie wohnen, so und nicht anders heißt. Für Sendenhorst soll in Zusammenarbeit von Stadt und Heimatverein ebenfalls ein Flurnamen-Atlas erstellt werden, erklärt Book.

Das sei eine gute Sache, die es bereits in vielen Städten und Gemeinden im Münsterland gebe und die sicher von vielen Bürgern unterstützt werde. Er selbst unterstütze das Vorhaben gerne mit seinem „kleinen Wortlabor“. Heinrich Book beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit altdeutscher Sprache. Wie solche Erklärungen aussehen könnten und wie sich Interessierte alten Flurnamen nähern könnten, macht Heinrich Book anhand des Sendenhorster „Himmelreiches“ deutlich, auf dem die Pfadfinder ihr gleichnamiges Jugendgästehaus errichten werden.
 
 „Als Vater von vier begeisterten Pfadfindern freue ich mich sehr darüber, dass diese Organisation bis heute in Sendenhorst aktiv und kreativ geblieben ist“, erklärt Book.Und dass die Pfadfinder ihr Gelände „Himmelreich“ nennen, mache zudem deutlich, dass sie wüssten, dass es sich bei dem Begriff um einen alten Flurnamen handele. Allerdings frage er sich, ob die Pfadfinder denn auch wüssten, wie ihr Gelände zu seinem Namen gekommen ist.
 
 Nach Ansicht von Wortexperten sei zu Beginn der Besiedlung dieses Teils von Westfalen durch die Sachsen die Umgebung der Dörfer und Städte „Mark“ genannt worden. Die „Mark“ oder auch „Feldmark“ sei Allgemeinbesitz gewesen. Erst später habe die Aufteilung der Mark an einzelne Siedler und Bürger begonnen. Bereiche, die dabei übrig blieben, seien eingehegt worden und als allgemeine Weideplätze für die Tiere ausgewiesen worden. „Man nannte sie ,Hammark‘. Das bedeutet allgemeiner Weideplatz aus ,ham‘ und ,mark‘“, erklärt Book.Der Begriff sei ein altgermanisches Wort und bedeutete „heimische Mark“ vergleichbar mit dem Begriff „Allmende“ der im Hochdeutschen erhalten geblieben ist.
 
 Später habe sich der Begriff in „Hammrik“ gewandelt, wobei die ursprüngliche Bedeutung verloren gegangen sei. Nur die Endung „rik“ habe an „reich“ – „Reich“ denken lassen. „Da wurde das Wort zum „Himmelreich“, meint Book. Denn „darunter konnte man sich etwas vorstellen“.Diesen Vorgang nenne der Fachmann Volksetymologie. Das bedeute: „Wörter, die das Volk nicht versteht, macht es sich durch Drehen und Wenden mundgerecht und irgendwie sinnvoll und verständlich.
 
 Dafür gibt es viele schöne Beispiele unter anderem mit einer neuen Kartoffelsorte in Norddeutschland. Die Sorte war ,Magna bona‘ getauft worden. Das heißt ,Große Gute‘. Nach wenigen Jahren hieß sie bei den Bauern ,Manken de Bohnen‘, was ,zwischen den Bohnen‘ bedeutet. Die neue Bezeichnung war auch nicht ganz richtig, aber darunter konnte man sich wenigstens etwas vorstellen“, erklärt Book.Als das Urkataster 1830 von den preußischen Beamten erstellt worden sei, sei der Name „Himmelreich“ auch offiziell eingetragen worden.
 
 So wie Sendenhorst sei es vielen niederdeutschen Dörfern und Städten ergangen. Münster, Telgte, Warendorf, Osnabrück, Rheine und Cloppenburg hätten ihr „Himmelreich“. In Münster gibt es auch eine „Himmelreichallee“. „Weideplätze wurden für die Allgemeinheit überall benötigt“, erläutert Heinrich Book. 

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