Sendenhorst - Am Karsamstag 1945 war der Zweite Weltkrieg in Sendenhorst vorbei.

Die Bürger leisteten den Alliierten keinen Widerstand. Ja, „Sendenhorst fiel kampflos“. So titelten die Westfälischen Nachrichten im Jahr 1970 richtig in Erinnerung an den 25. Jahrestag des Kriegendes.

Über das Westtor rückten die Alliierten 1945 in die Stadt Sendenhorst ein. Am St.-Josef-Stift wurde verhandelt. Dieses Foto stammt vermutlich aus dem Jahr 1931.

Nein, der Einmarsch der Alliierten, der mehr ein Durchmarsch war, ging in den Tagen um Ostern 1945 weder ohne Zerstörungen noch ohne Verletzte, zutiefst Beunruhigte und auch nicht ohne einige Tote vonstatten.

Richtig ist aber die Erinnerung älterer Sendenhorster, dass die Stadt den Einmarsch ohne größere Kampfhandlungen und damit auch ohne größere Verluste an Menschenleben überstand. Und das auch, weil die Bewohner umsichtig handelten, ihren eigenen Kopf behielten und sich Befehlen der Parteiführung widersetzten.

Gekämpft wurde an einigen kleineren „Fronten“ trotzdem. „Einige bewaffnete Hitlerjungen leisteten den Amerikanern in einem Straßengraben in der Bauerschaft Rinkhöven Widerstand und fanden sinnlos den Soldatentod“, schreiben die WN im Jahr 1970.

Am Karfreitag vor 70 Jahren zeichnete sich für die Sendenhorster das Ende des Zweiten Weltkrieges ab. Zwar hatte die örtliche Kommandantur am Westtor in Höhe des heutigen Sportplatzes Mitte März eine Panzersperre mit Verteidigungsgräben vorbereitet, doch die sollte sich nur wenige Tage später als unnütz erweisen.

Die Menschen in der Stadt hatten sich auf den unvermeintlichen Einmarsch vorbereitet. Nicht in erster Linie militärisch, sondern rein menschlich, um es mal so auszudrücken. Hab und Gut sowie Lebensmittel wurden versteckt, und von den da noch zahlreichen Kornbrennereien wurde der Sprit zuweilen im Milchkannen auf die umliegenden Höfe gefahren oder in die Häuser in der Stadt getragen, berichten die WN. „Und manch einer nahm dabei selbstverständlich nach geraumer Zeit auch mal wieder einen guten Schluck.“ Sendenhorst lebte also, sagen wir es so mal angesichts des zu Erwartenden, pragmatisch.

Und da die Frauen das in jener Zeit offenbar eh sein mussten und wohl auch waren, legten sie in entlegenen Winkeln der Häuser behelfsmäßige weiße Fahnen zurecht. Denn in der Region hatte sich das Gerücht verbreitet, dass der Einmarsch der Alliierten ohne Kämpfe und Blutvergießen vonstatten gehen würde, wenn weiße Fahnen gehisst würden. Einerseits.

Andererseits hatte sich auch herumgesprochen, dass die vor den Amerikanern zurückweichenden deutschen Einheiten der Waffen-SS rücksichtlos auf alle Häuser schießen würden, an denen voreilig die weiße Flagge als Zeichen der Kapitulation zu sehen war. Also hielten die Frauen die Zeichen des Friedens einstweilen versteckt.

Und dann gab es noch die Sendenhorster, die ihr Hab und Gut auf Handkarren gepackt hatten, um die Stadt bei Kämpfen schnell verlassen zu können.

Die örtliche Parteileitung sah die ganze Angelegenheit naturgemäß zunächst ein wenig anders. Sie wollte die Stadt, auch mit Unterstützung der Gebietsführung der Hitlerjugend, die von Münster nach Sendenhorst evakuiert worden war und in Baracken in der Mühlenkuhle ihr Quartier bezogen hatte, verteidigen. Am Karfreitag 1945 sollte aus zurückweichenden Truppen, der Hitlerjugend und auch Männern aus Sendenhorst eine Kampftruppe für die Verteidigung der Stadt zusammengestellt werden. Die Parteifunktionäre hatten alle „brauchbaren“ Sendenhorster Männer erfasst.

Doch diese wollten sich nicht dafür hergeben, das zu verhindern, was eh unausweichlich war. Manch einer, schreiben die WN, soll die fällige Vereidigung zum „Volkssturm“ nicht allzu ernst genommen haben. Daran haben wohl auch ernstzunehmende Drohungen nichts geändert.

Wie dem auch sei: Die Männer der Stadt weigerten sich, die Panzersperre zu schließen, wie es die Parteileitung befohlen hatte. Und so wurde sie beseitigt – es war der Anfang vom Ende des Krieges in Sendenhorst.

Am Karfreitagabend und in der Nacht zum Karsamstag war in Sendenhorst von weitem her Geschützdonner zu hören. Die Truppen rückten aus Richtung Drensteinfurt an.

Am Karsamstag tauchte gegen 14 Uhr ein amerikanisches Aufklärungsflugzeug über Sendenhorst aus. Die amerikanischen Panzer feuerten etwas später am Westtor einige Granaten ab. Vermutlich, weil die Soldaten Widerstand in den ausgehobenen Verteidigungsgräben vermuteten. Dabei soll es auch Tote gegeben haben.

Doch ernsthafter Widerstand blieb aus. Am St.-Josef-Stift soll der dorthin evakuierte Bischof von Münster und spätere Kardinal Clemens August Graf von Galen mit den Amerikanern verhandelt haben.

Die amerikanischen Panzer fuhren durch die Stadt in Richtung Warendorf und Tönnishäuschen. Überliefert ist, dass Frauen aus der Stadt schon beim Anflug des Aufklärungsflugzeug weiße Laken geschwenkt haben sollen. Beim Einrücken der Panzer hingen dann die weißen Fahnen in den Fenstern. „Es wurde auch beobachtet, dass einige Frauen und Mädchen den Amerikanern spontan einen Willkommensgruß anboten“, berichten die WN im Jahr 1970.

Der Krieg in Sendenhorst war vorbei, auch wenn in den Tagen, Wochen und Monaten danach vieles schmerzvoll, nicht schön und ganz sicher nicht reibungslos über die Bühne ging. Doch das ist eine andere Geschichte.

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