Postamt und Kneippkurhaus

Sendenhorst - Der Ursprung des Gebäudes lag in den Händen eines der wohl umtriebigsten Sendenhorster Prominenten der Vergangenheit. „Tüchtig und ehrgeizig, einfallsreich und flexibel“ sei er gewesen, schreibt Heinrich Petzmeyer in seiner „Geschichte einer Kleinstadt im Münsterland.

Nordstraße im Jahr 1965

 Und das sei bei Bürgermeister Bernhard Joseph Langen (1781 - 1850) insbesondere bei der Verquickung öffentlicher und privater Interessen so gewesen. Für den normalen Sendenhorster Bürger habe ehrenamtliche kommunale Tätigkeit wohl nur dann Sinn gemacht, wenn privat auch etwas dabei heraussprang: Profit.

Im Jahr 1806 ließ Langen, Bürgermeister, Steuereinnehmer und Gerichtsschreiber, das repräsentative Haus an der damaligen Oststraße 24 b bauen, das heute von Theo und Marie Borgmann bewohnt wird. Dessen Adresse wurde 1951 von Stadtdirektor Heinrich Esser in Nordstraße 3 umbenannt.

Das Haus, wie das Alte Pastorat vom Architekten Adolph Anton von Vagedes gebaut, hat 200 Jahre unbeschadet überstanden. „Die Türen sind mit den Kassettenschlössern immer noch die ersten“, erzählt Maria Borgmann nicht ohne Stolz.

Das Haus ist ein wichtiger Teil der Geschichte Sendenhorsts, was an vielem deutlich wird, was Theo und Maria Borgmann gesammelt haben. Und weil das so ist, hat Maria Borgmann sich entschlossen, all das zusammenzutragen und aufzuschreiben. „Ein Haus erzählt eine Geschichte“ soll im Herbst gedruckt werden. Bis 1980 war zum Beispiel die Post darin untergebracht, deren Räumlichkeiten 1963 noch einmal erweitert worden waren.

Und im ehemaligen Sitzungssaal des Rates, ebenfalls im Haus befindlich, hängen heute unter anderem Werke des Zeichners und Malers Theo Borgmann an den Wänden, der mit seinen bald 87 Jahren immer noch nicht von Wilhelm Busch und Co. lassen kann und will. Gerade hat er in einem weiteren Band Gedichte und kleine Geschichten des Dichters humorvoll illustriert.

Theo und Maria sind froh darüber, dass das Gebäude im Gegensatz zur Nachbarschaft von der Stadtsanierung in den 70-er Jahren verschont geblieben worden ist. Schließlich, so Theo Borgmann, könne man ein „kaiserliches Postamt“ mit seiner klassizistischen Fassade ja nicht mal so eben abreißen.

Das hätte sicher auch Bernhard Joseph Langen nicht gefallen. Aber unter seiner Regentschaft wäre das wohl eh nicht passiert. Als das Haus errichtet wurde, hatte Langen seine Finger dank der guten Beziehungen zu den Franzosen (fast) überall im Spiel. Mit sicherem Gespür für profitable Geschäfte versuchte sich der Bürgermeister und Steuereinnehmer als Gastwirt, beteiligte sich an der Pachtung des Garrath, kaufte ein Miethaus am Kirchplatz und organisierte den Bau einen zweiten Windmühle, hat Heinrich Petzmeyer recherchiert. Ob es bei seiner Ehe Liebe oder Zufall war, ist nicht übermittelt. Aber bei der Hochzeit macht Langen ebenfalls eine gute - wohlhabende - Partie.

Aber die Gesichte des Hauses bietet noch weit mehr als Postamt und Bürgermeisterei. Dr. Anton Borgmann hat dort beispielsweise als Arzt praktiziert. Er hatte das Gebäude 1976 gekauft. Durchaus fortschrittlich, richtete er „Dr. Borgmanns Kneippkurhaus“ ein - Gartennutzung inklusive. „Eine Wasseranwendung kostete zwischen zehn und 20 Pfennige“, erzählt Maria Borgmann. Die so genannte Schwindsucht gehörte damals auch in Sendenhorst zu den gängigen Krankheiten. Kost und Wohnung waren ein bisschen teurer: Berechnet wurde ein Tagessatz ab 1,50 Mark. Die Praxis wurde übrigens erst 1910 aufgegeben.

Das Haus hatte seinerzeit prominente Gäste, erzählt Theo Borgmann. Zum Beispiel Joseph Spithöver, der später nach Rom ging und der Stadt das St.-Josef-Stift schenkte. „Josef Spithöver war ein Waisenkind. Bürgermeister Langen hat ihn hier untergebracht“, erzählt Theo Borgmann. Wer sonst?

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