Geölte Gewehre und zehn Pfund Hefe

Die Bauern bereiten sich auf das Ende des Zweiten Weltkriegs vor – das dann ganz plötzlich kommt.

Noch ist der Krieg weit entfernt - Rathaus zur Reichtagswahl 1938

Sendenhorst. Im kommenden Jahr wird die Stadt Sendenhorst 700 Jahre alt. Das zumindest ist der ersten Erwähnung in einem Vertrag zu entnehmen. Angenommen wird, dass die Stadtgründung durch Fürstbischof Ludwig II. von Hessen wahrscheinlich nach dem Jahr 1310 erfolgt ist. Eine Urkunde über das Gründungsjahr 1315 gibt es allerdings nicht. Diese ist vermutlich bei einem der zahlreichen Brände, die die Stadt immer wieder heimgesucht haben, vernichtet worden. In den kommenden Monaten werden die WN die Geschichte der Stadt in lockerer Folge beleuchten.

Was ist wichtig am Ende eines erfüllten Lebens? Was bleibt hängen?, wie man heute so sagt. Bei Magdalene Arens-Sommersell war das eine ganze Menge, weshalb sie vieles aus ihrem Leben und einen Teil der Sendenhorster Stadtgeschichte in einem Buch aufgeschrieben hat, das sie im Jahr 2006 vor allem ihrer Familie, aber auch Freunden, widmete.

„Ein Wandel von Generationen“ heißt das Buch, das die verstorbene Sendenhorsterin, die sich unter anderem Jahrzehnte in der KFD für die Belange der Frauen eingesetzt hatte, der Nachwelt überlassen hat. Ob die Geschichte der Stadt – in einem kurzen Abriss –, die Arbeit der Leinenweber oder die Arbeit auf dem Hof und in der Brennerei: Die Sendenhorsterin erzählt die Stadtgeschichte auf ihre besondere Art mit großer Zuneigung zu ihrer Familie.

Auf das Ende des Zweiten Weltkrieges bereiteten sich die Sendenhorster Bauern auf ganz besondere Weise vor, nicht wissend, was sie erwarten würde. Im warmen März 1945 bestellten die Landwirte früh ihre Felder, und „jeder spürte und hoffte, dass der entsetzliche Krieg nun bald ein Ende haben würde“, schreibt Magdalene Arens-Sommersell. Auf den Einmarsch der Amerikaner galt es, sich vorzubereiten. „Die Jagdgewehre meine s Vaters wurden dick eingefettet und in Ölpapier eingeschlagen. Im Dunklen haben mein Vater und ich die Gewehre unter einer markanten Eiche in unserer Heilandswiese 500 Meter vom Hof entfernt vergraben“, schreibt sie.

Für Notfälle wurden im Versteck auf dem Hof mehrere Säcke voller Weizen- und Roggenmehl und ein Zentner Zucker eingelagert. „Die trockenen Schinken, die Mutter wegen der Haltbarkeit in Wannen lagenweise in Holzasche aufbewahrte, standen daneben. Der Vorrat an Grundnahrungsmitteln reichte für einige Wochen“, schreibt Magdalene Arens-Sommersell.

Nicht aber die Hefe, die nicht länger haltbar war, weshalb ihre Mutter sie am Karsamstag 1945 zum Bäcker Daldrup an der Weststraße in die Stadt schickte. Die junge Magdalene fuhr, wie damals üblich, mit dem Fahrrad in die Stadt, um zehn Pfund zu kaufen. „Ich schätze, meine Eltern spürten das unmittelbare Heranrücken der alliierten Truppen.“

Beim Bäcker erfuhr sie, dass einige Sendenhorster die Panzersperre am Westtor auseinandergeschoben hätten. Davon wollte sich Magdalene selbst überzeugen, und sie radelte zum Friedhof. „Zwischen den weggeschobenen Zementblöcken erblickten meine Augen plötzlich einen großen Panzer“, schreibt sie. Sie schnappte ihr Rad und „trampelte mit allen Kräften mit meiner schrecklichen Angst und Not Richtung Osten nach Hause“.

Aber nicht schnell genug für die Panzerkolonne, die Sendenhorst ohne Wiederstand durchfahren konnte. Kurz vor der „Waldmutter Kogge“ wurde sie von der Spitze der Panzerkolonne überholt. Einen Sendenhorster, den „die Sieger wohl unterwegs aufgegabelt hatten“, sah sie auf einem der Panzer sitzen – „furchtbar“.

„Gottlob“ konnte sie nach links in die Bauerschaft einbiegen. Über das weite Feld sah sie ihre Familie und alle Mitbewohner weiße Tücher schwenken. „Sie warteten sehnlichst auf mich.“ Und mit dem Einmarsch der Amerikaner war der Krieg in Sendenhorst zu Ende.

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