Eine „freundliche Landstadt“ im Jahr 1949

Sendenhorst - Den Wasserturm gab es noch nicht, er wurde erst ein Jahr später gebaut. Und so ist im Stadtplan von 1949 konsequenter Weise von der „Drei-Türme-Stadt“ die Rede. Und von der „freundlichen Landstadt, die im Dreingau liegt“, wie es im Klappentext zum Stadtplan heißt. Ein Blick auf diesen macht deutlich, dass es - bezogen auf die Bevölkerungszahl und die Industrie - beschaulich zugegangen ist im Nachkriegs-Sendenhorst. Entlang der Straßen außerhalb des Promenadenringes sind nur wenige Häuser eingezeichnet. Das reichte für die seinerzeit rund 6000 Einwohner, inklusive der Flüchtlinge.

Die heutige Gewerbegebiet Schörmel und am Industrieweg gab es noch nicht. Wohl aber die „Sendenhorster Maschinenfabrik“, die Molkerei und, im Bereich der Hoetmarer Straße, ein Sauerstoffwerk und das „Betonwerk Dittmar“.

Auch den Martiniring, erste große Neubausiedlung nach dem Krieg, und den Garrath gab es noch nicht. Der Zustrom vieler Vertriebener und Flüchtlinge machte die Wohnungbeschaffung ab diesem Jahr zum dringendsten Nachkriegsproblem. Mit dem Bau der Siedlung Martiniring ab 1949 wuchs die Stadt endgültig über den alten Ortskern hinaus. Das machte ein Jahr später auch den Aufbau der zentralen Wasserversorgung der Haushalte notwendig, eines der seinerzeit größten Projekte in der Stadt. Pro Haushalt, ist laut Petzmeyers Stadtgeschichte einem alten Ratsprotokoll zu entnehmen, müsse mit Kosten von monatlich 2,50 Mark „bei normalem Verbrauch“ kalkuliert werden. In diesem Zusammenhang wurde auch der Wasserturm errichtet, in dem nach anfänglichen Planungen auch zehn Wohnungen untergebracht werden sollten, wofür der Regierungspräsident in Münster allerdings Zuschüsse verweigerte. 

Dass Tradition in der Stadt groß geschrieben wurde, ist ebenfalls im Klappentext zum Stadtplan von 1949 erwähnt. „Treu hält das traditionsfrohe, aber auch der Gegenwart aufgeschlossene Städtchen an Sitte und Brauch der Ahnen fest“, ist dort in altdeutscher Schrift vermerkt - wovon unter anderem das jährliche Schützenfest der „Jansbröder“ zeuge.

Das wirtschaftliche Leben war seinerzeit von Ackerbau, Viehzucht, Handwerk, Gewerbe und Handel geprägt. Eine besondere Rolle spielten auch die Kornbrenner. Kohlen und Kartoffeln bezog man unter anderem bei Valentin Dünnewald an der Kirchstraße 17. Und dort, wo sich heute die Hardtteiche befinden, wurden im „Sendenhorster Hartsteinwerk“ Kalksandsteine hergestellt. 

Stolz war die Stadt laut Stadtplan-Beschreibung nicht nur auf das St.-Josef-Stift als „Heilstätte für Knochen-, Gelenk und Drüsen-Tuberkulose“, die „in ganz Westfalen einen guten Ruf genießt“. Sondern auch auf die Westfälische Landes-Eisenbahn mit ihrem Bahnhof, von dem aus man aus nach dem Umsteigen in Neubeckum auf die „Köln Mindener-Bahn“ „günstige Möglichkeiten zum Industriegebiet wie auch nach Bielefeld und Hannover“ habe.
 

VON JOSEF THESING, SENDENHORST

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