Die Ruhr rafft viele dahin - 18. Jahrhundert

Sendenhorst - Das Trinkwasser war schlecht, und an der Hygiene mangelte es vielfach. Hinzu kam, dass sich Fremde unterschiedlicher Herkunft in der Stadt gewissermaßen die Klinke in die Hand gaben. Denn es herrschte - wieder mal - Krieg. Und auch wenn die Stadt nicht unmittelbar am Siebenjährigen Krieg ab 1757 beteiligt war, hatte sie dennoch darunter zu leiden. Denn viele Truppen zogen durch die Stadt oder schlugen hier ihr Lager auf. Und die Husaren, Kur-Hannoverische Jager oder Königlich-Französischen Truppen brauchten - und bekamen - vor allem eines: Verpflegung.

Aber sie brachten auch etwas mit: Krankheiten und Bazillen, die diese übertrugen. Wie im Jahre 1761, als das Erbprinzen-Regiment von Hessen in Sendenhorst ein Lazarett einrichtete, berichtet Heinrich Petzmeyer in seiner Sendenhorster Stadtgeschichte. Ob die Hessen die Ruhr - auch Dysenterie genannt - einschleppten, ist nicht überliefert. Gesichert ist aber, dass die Seuche in diesem Jahr 140 Sendenhorster Tote forderte. Was bedeutete, dass in der damaligen Kleinstadt jeder zwölfte Bewohner von der Ruhr dahingerafft wurde.

Im Kriegsjahr 1761 wuchsen sich die Einquartierungen fremder Truppen zu einer regelrechten Plage aus. Die Lebensmittel in der Stadt reichten kaum aus, um alle zu versorgen. Die Bürger mussten vor allem Essen und Schnaps liefern, und hatten am Ende kaum Nahrung genug für sich selbst, was der körperlichen Fitness natürlich recht abträglich war. Und die medizinische Versorgung war auf dem Land auch nicht sonderlich gut. Der erste, den die Ruhr Ende Juli erwischte, war Joan Bernd Röper, schreibt Petzmeyer. Die Stadt geriet in Panik, und das völlig zu Recht. Denn die Krankheit zog schnell von Haus zu Haus. Und so zitterte jede Familie, wie bei den Pestepidemien vergangener Zeiten. Alte Menschen und kleine Kinder starben zuerst. 

Daran änderte sich auch dadurch nichts, dass der bischöfliche Landesherr rund 20 Ärzte nach Sendenhorst schickte, um die Ruhr einzudämmen. Allein im September 1761 starben 95 Menschen an der Dysenterie, hat der damalige Pastor Kuipers, Chronist in Sendenhorst, notiert. „Einige haben sich die Krankheit aus dem Militärlager, einige aus Unterernährung und andere einfach durch Ansteckung geholt“, vermerkte der Geistliche. „Kaum ein Haus in der Stadt und fast kein Haus im Kirchspiel blieb von der Krankheit verschont. In der Stadt waren kaum 20 Menschen, die von der Krankheit gänzlich verschon blieben“, schrieb Pastor Kuipers.

Und auch in den Jahrzehnten danach starben durch unreines Trinkwasser oder mangelnde Hygiene immer wieder Menschen in Sendenhorst an der Ruhr, wenn auch nicht so viele auf ein Mal wie 1761: 40 Kinder waren es im Hitzejahr 1774 und für 1889 sind 46 Sterbefälle vermerkt.

VON JOSEF THESING, SENDENHORST

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