Bürgermeister landet vor Gericht

Sendenhorst - Die Damen hören es nicht gerne, aber manchmal sind es eben doch die Frauen, die Männern Probleme bereiten (können). Diese Erfahrung musste auch Bürgermeister Wilhelm Hetkamp zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts machen. Vor Gericht stellte sich heraus, dass der Bürgermeister zwei Lebensbäume, die eigentlich für den Friedhof bestimmt waren, in seinen Dienstgarten hinter dem Rathaus hatte pflanzen lassen. Und das auf Wunsch seiner Frau.

Doch das war nur die Spitze des Eisbergs in einer intensiven und zuweilen emotional geführten Auseinandersetzung zwischen Hetkamp und der oppositionellen Gruppe in der Stadtverordnetenversammlung, wie aus den Aufzeichnungen von Heinrich Petzmeyer in seiner Sendenhorster Stadtgeschichte zu entnehmen ist.


Hetkamp, in Ahaus geboren, galt als fleißiger Mann, der zwar Fehler machte, aber daraus lernte. Er entwickelte viele Ideen, was folglich viele Sitzungen nach sich zog - und was so manchen Stadtverordneten wohl überforderte. 1904 legte er der Stadtvertretung einen umfangreichen Bebauungsplan vor - seinerzeit im Gegensatz zu heute keine Selbstverständlichkeit. Es folgten Pläne zur Entwässerung der Gräfte und zur Pflasterung der innerstädtischen Straßen. Auch die Kanalisation stand auf der Agenda.

Das wurde dem einen oder anderen Stadtrat zu viel. Selbstherrlich und habsüchtig sei der Bürgermeister, befand die Opposition. Und so wurde ein Disziplinarverfahren angestrengt, was Hetkamp mit einer Verleumdungsklage konterte, die besagte Gerichtsverhandlung nach sich zog.

Unregelmäßigkeiten bei Reisekostenabrechnungen warf die Opposition ihm ebenfalls vor - und „große Eigenmächtigkeiten“.
Das Disziplinarverfahren verlief gleichwohl im Sande. Aber auch die Presse hatte der Bürgermeister gegen sich, die sich mit spitzer Feder an ihm rieb. Der Bürgermeister klagte - erfolglos - wegen Beleidigung.

So langsam wurde die „Sendenhorster Verhältnisse“ auch dem Regierungspräsidenten zu viel - und dieser empfahl dem Sendenhorster Bürgermeister den freiwilligen Rücktritt.
Hetkamp bliebt standhaft, und irgendwie kamen der Bürgermeister und die Stadtverordneten bei der einmütigen Ablehnung der geplanten Rückkehr zur Landgemeindeordnung wieder zusammen.

Und das nicht nur für den Augenblick. Im Oktober 1906 wurde Wilhelm Hetkamp einstimmig für weitere zwölf Jahre zum Bürgermeister gewählt - inklusive Gehaltserhöhung und Einstellung eines Verwaltungsgehilfen.

Überliefert ist aber auch, dass Hetkamp zuvor habe Besserung geloben müssen. Und er soll auch ein Gelöbnis unterschrieben haben: „Ich erkenne meine Fehler an und verspreche, dieselben in Zukunft zu vermeiden. Insbesondere verspreche ich, die Beschlüsse des Stadtverordnetenkollegiums nach Inhalt und Wortlaut stets gewissenhaft auszuführen.“

VON JOSEF THESING, SENDENHORST


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