Auf der 100-Schlösser-Route durch Sendenhorst

Kaum bekannt ist, dass die 100-Schlösser-Route auch durch Sendenhorst und das Kirchspiel führt. Sie führt durch die Bauerschaften Jönsthövel, Hardt, Rinkhöven, dann durch die Stadt und dann wieder hinaus ins Kirchspiel durch die Bauerschaft Sandfort, wo sie dann auf Albersloher Gebiet weitergeht. Auszug aus der Homepage des Tourismusverbandes Münsterland:

Naturfreibad Hardt – Nicht zu 100 % sicher, Zeitzeugen werden noch gesucht.

Die 100-Schlösser-Route ist die Königin unter den deutschen Radrouten! Auf einer Länge von rund 960 km bewegt sich die 100-Schlösser-Route durch das Münsterland. Dabei verbindet sie die mehr als 100 Schlösser, Burgen, Herrensitze und Gräftenhöfe in der Region miteinander. … Mittendrin liegen die wahren Schätze des Münsterlandes: Schlösser und Burgen mit ihren imposanten Schlossgärten und Parkanlagen künden von ehemals hochherrschaftlichen Zeiten. Eine Radtour auf der 100-Schlösser-Route ist immer auch eine Zeitreise durch die Geschichte und die Baukultur im Münsterland.

Es gibt insgesamt 4 Teil-Routen, jeweils benannt nach einer Himmelsrichtung. Zusammen ergeben die Routen ein Kleeblatt mit dem Zentrum Münster. Wir hier in Sendenhorst und Albersloh befinden uns auf der Ostroute. Der Ostkurs der 100-Schlösser-Route führt über 240 km von der Stadt Münster durch das östliche Münsterland bis in das Tal der Lippe. Entlang
der Route befinden sich zahlreiche Schlösser und Herrenhäuser, von denen das Haus Vornholz bei Ennigerloh, Schloss Hovestadt in Lippetal oder der Erbdrostenhof in Münster sicherlich die
Bekanntesten sind. Derartige Highlights haben wir zwar nicht zu bieten, aber auch in Sendenhorst gibt es einiges an der 100-Schlösser-Route zu sehen:

Wir nähern uns Sendenhorst von Osten aus der zu Vorhelm gehörenden Bauerschaft Nienholt an. Linke Hand kreuzen ggf. Flugzeuge, doch keine Angst, hier liegt nur ein Modellflugplatz. Wir erreichen eine Kreuzung. In früherer Zeit führte hier die alte Kreisstraße 4 lang. Auf der Strecke und speziell in dieser Kurve kam es in früheren Zeiten oft zu schweren Unfällen. Dies ist zum Glück an dieser Stelle mit dem Ausbau und dem »Umleiten« der K4 um die Hofgruppe schon Geschichte. Wir biegen rechts ab, folgen der alten K4.

Bild: Schwimmerriege - v. l. Heinrich Beerenbrock, nicht bekannt, Bernhard Heiringhoff, Max Lasthaus, nicht bekannt, Bernhard Oertker
Wir kommen an das erste Wegkreuz in Sendenhorst an der Route. In Sendenhorst und seinem Kirchspiel gibt es ca. 30 Bildstöcke und Wegekreuze, die man ebenfalls mit dem Fahrrad entdecken kann. Über die neue K4 hinweg, ein paar 100 Meter weiter gegenüber dem Hof Halene, sehen wir den ersten Bildstock. Die Herz-Jesu-Kapelle gegenüber dem Hof Halene in der Bauerschaft Jönsthövel ist im Jahre 1866 im neugotischen Stil mit aufwendigen Sandsteindekors errichtet worden. Leider ist das mit einer gotischen Inschrift versehene Band über dem spitzbogigen Eingang heute nicht mehr zu entziffern (Ahlmer Halemba – Bildstöcke und Wegekreuze in Sendenhorst u. Albersloh, 1989).

An der nächsten Kreuzung geht es rechts ab, an der Wetterschutzhütte vorbei auf die Straße Wittenberg. Links befindet sich das Steinkühlerfeld. Hier befanden sich vor 100 Millionen Jahren die Ausläufer eines seichten Urzeitmeeres. Zahlreiche Fossilien konnten in der Gegend entdeckt werden, genauso wie auch im Ährenfeld bei Albersloh. Laut eines im Stadtarchiv gefundenen Textes ist eine hier gefundene Krebsart sogar nach ihrem Fundort benannt worden und führt den wissenschaftlichen Namen Nymphaeseops Sendenhorstersis Schlüter, dies lässt sich aber leider nirgendwo belegen. Auch der Sendenhorster Münzschatz wurde hier in der Gegend gefunden. Kurz nach der Abzweigung »Zum Hagen« erreichen wir die erhaltene Kirchspielslandwehr. Es handelt sich um einen mit dichten Sträuchern bewachsenen Wall mit dahinterliegendem Graben. Diese Befestigung diente in früheren Zeiten der Abwehr räuberischer Horden und Söldnerhaufen, die beim Überqueren der Landwehr zumindest aufgehalten wurden, sodass die Stadtbevölkerung gewarnt werden konnte.

Bild: Wappen der Schorlemer - Deren Stammsitz konnte hier in SENDENHORST 2003 lokalisiert werden!

Es geht weiter die Straße Wittenberg entlang. Kurz vor dem Erreichen der Hauptstraße führt der Radweg linke Hand in Richtung Gastwirtschaft Waldmutter. Dort angekommen, überqueren wir die Hauptstraße und fahren an den großen Hardtteichen entlang. Hier fallen Schienen in der Straße auf. Diese gehörten zu einer Lorenbahn, die hier verlief. Mit der Lorenbahn wurde Sand zur Ziegelei abtransportiert, der hier in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts abgebaut wurde. Die Hardtteiche sind erst durch den Sandabbau entstanden. Dies ist heute kaum noch zu erkennen. Demnächst soll das Gebiet Naturschutzgebiet werden.

Viele Sendenhorster haben hier im 20. Jahrhundert das Schwimmen gelernt, trotz Verbot. Vor dem 2. Weltkrieg gab es sogar ein offizielles Natur-Freibad! Auch Übersinnliches gibt es von hier zu berichten:
Angeblich soll hier ein großer schwarzer Hund umhergehen mit riesigem Kopf und glühenden, riesigen Augen, genauso wie ein Kaplan ohne Kopf, der sich hier in der Gegend aufhielt. Auch ein finsterer Zauberer, genannt Steltenkamp, soll hier einen Pakt mit dem Teufel geschlossen haben…

Weiter geht’s, links am nächsten Bildstock am Hof Vornholz vorbei, vor dem Bahnübergang links ab, dem Hinweisschild zur 100-Schlösser-Route folgend. Es geht in Richtung VEKA und Angel. Auf dem Erweiterungsgelände der VEKA AG wurde im Jahr 2003 die Hofstelle »Alter Hof« freigelegt, die als Standort des Stammsitzes der einflussreichen westfälischen Familie Schorlemer anzusehen ist. Es handelt sich wohl um einen Herrschersitz: U. a. wurden hier zwei Schachfiguren und 2 Backgammonsteine gefunden. Diese Steine sind die zweitältesten Schachfiguren, die je in Westfalen gefunden wurden. Das Schachspiel war ein Privileg des Adels, und somit sollte dieser Stammsitz als Teil der 100-Schlösser-Route mit aufgenommen werden! Leider zeugt (noch) kein Hinweisschild darauf, auch nicht an der Wetterschutzhütte, die hier vor der nächsten Linkskurve auftaucht. Die Angel kann man von hier aus rechts sehen, direkt daran kommt man jedoch nicht vorbei.

Der Autor meint ganz eindeutig, Nymphaeseops Sendenhorstersis Na, wer war für den Joke Vorbild? *)

Vorbei am Regenrückhaltebecken auf der rechten Seite geht es weiter. Dort wo der Radweg aufhört, kommt man auf den Alten Postweg. Rechts geht es zu den Erlebnisbrennereien Horstmann, dem letzten aktiven Sendenhorster Brennereibetrieb. Schornsteine, wie der am Hof Horstmann, prägten bis Anfang der 1980er Jahre das Sendenhorster Stadtbild, sowohl auf dem Lande als auch in der Stadt. Mit der Stadtsanierung in den 1970er Jahren wurden die Brennereibetriebe aus der Stadt in die umliegenden Bauerschaften, dem Kirchspiel, outgesourct. Aber auch die Sendenhorster Landbrennereien haben ihre Brennrechte aufgegeben. Einen »Grenzfall« gibt es: Die Brennerei Schulze Rötering gehört zwar zu Ahlen, der Brunnen, mit dem das Wasser für die Alkoholherstellung gewonnen wird, gehört zu Sendenhorst. Die Brennrechte entstammen ebenfalls aus Sendenhorst, nämlich der Brennerei Schulze Rötering (Gassner)-Schwarte-Fiehe und wurden bei Aufgabe der Brennerei in der Stadt auf den Hof Schulte Rötering übertragen. Zu Spitzenzeiten gab es in Sendenhorst-Stadt 12 aktive Brennereien. Davon zeugt der Brennereipfad des Heimatvereins, der im Jahr 2007 angelegt wurde. Im weiteren Verlauf der 100-Schlösser-Tour kommen wir noch mehrfach mit dem Brennereipfad in Berührung.

Die 100-Schlösser-Route führt nun in die Stadt. Entlang des alten Postweges, vorbei an der Reithalle, gelangen wir auf die Hoetmarer Straße. Hier fahren wir links. Unmittelbar hinter der Bahnschiene rechts geht es die Ladestraße hinunter. Ggf. wird hier einer der neuen Haltepunkte entstehen, wenn die Westdeutsche Landeseisenbahn tatsächlich wieder reaktiviert wird. Am alten Bahnhof aus dem Jahr 1903 geht es weiter. Wir fahren nach links über die Gartenstraße. Hier, auf »Geiping‘s Wiese«, war in früheren Zeiten die Kirmes ansässig, bis in die 1980er Jahre. Wir gelangen an die Hauptstraße, fahren nun links in Richtung Innenstadt auf die Kirche St. Martin zu. Ein leichter Anstieg deutet darauf hin, dass die Kirche als Ortsmittelpunkt auf dem relativ höchsten Punkt errichtet wurde, nämlich auf dem sog. Kiessandrücken.

Die erste romanische Kirche wurde hier vor ca. 1000 Jahren errichtet, eine erste Erwähnung findet man aus dem Jahre 1175. Auf der Ecke ist am Haus Koch eine Hinweistafel zum Brennereipfad zu sehen, hier befand sich bis zur Stadtsanierung die Brennerei Jonsthövel. Es geht weiter rechts über die Schulstraße. Am Ende befand sich bis zur Stadtsanierung das Volksschulgebäude. Hier treffen wir auf die nächste Installation zum
Thema Geschichte: den Ausgegraben-Pfad: Der Pfad setzt sich aus verschiedenen Stationen aus den verschiedenen Jahrhunderten zusammen und wurde 2015 anlässlich des 700-Jahr-Jubiläums unserer Stadt von J. Krass entworfen und realisiert.

Wenn man nun Appetit auf mehr Sendenhorster Geschichten hat, lohnt es sich, hier die 100-Schlösser-Route zu unterbrechen. Der Brennereipfad beginnt auf der gegenüberliegenden Straßenseite mit der Brennerei Kleinhans. Wir können dem Ausgegraben-Pfad weiter folgen, und zusätzlich sehen wir hier einen der »Historischen Augenblicke«. Hierbei handelt es sich um Stromkästen, die in Zusammenarbeit mit der Stadt Sendenhorst und dem Heimatverein Sendenhorst und Albersloh mit historischen Bildern versehen sind. Nicht nur Geschichtliches gibt es zu entdecken, auch Künstlerisches wie den Kleinhans-Pfad und den Friedenspfad.

Von hier aus kann natürlich auch direkt die 100-Schlösser-Route in Richtung St. Josef-Stift fortgesetzt werden. Mehr von historischen Rundgängen und Sehenswürdigkeiten und dem weiterem Verlauf der 100-Schlösser-Route in und um Sendenhorst.

 

*) Nachtrag: Ich habe den Nymphaeseops Sendenhorstersis immer für eine Art "Steinlaus Loritis" gehalten, aber nun bin ich mir, nach einem Fund im Alberlsoh buch von 1996 nicht mehr so sicher...
Sendenhorstia Granulati steht als Fisch, siehe Grafik!

Nach oben

Ahnenforschung
Blätterwald
21. Jhdt
1980/90er
1970er
1965_650J
1960 und davor
Fakten
Geschichte(n)
Grundwissen
H. Petzmeyer
Kornbrenner
Quellen