„Publikantum“ inmitten einer lustigen Kinderschar vom 15.07.1980

Bis in die 50er Jahre wurden in Sendenhorst die Neuigkeiten durch einen Ausrufer in der Stadt verkündet - Sendenhorst. Noch gar nicht so lange her ist auch in Sendenhorst der Brauch gewesen, Neuigkeiten aller Art in der Öffentlichkeit ausrufen zu lassen. Bis in die 50er Jahre hinein wurde so Neues und Kurioses in der Stadt verbreitet. Die Palette der Botschaften war sehr vielschichtig: Von Fundanzeigen, Bekanntgaben von Kegelklubs bis hin zur öffentlichen Zurücknahme von Beleidigungen, vieles wurde durch Ausrufen, Trommeln oder Schellen kundgetan. Gern gesehen waren Ausrufer wie Hermann Bäcker, „Öhm“ Steinhoff und Heinrich Menke.

 

Die frühere ortsübliche Bekanntmachung war in vielen Orten und Städten seit dem Mittelalter – sei es mit Glocke, Schelle, Trommel oder anderen Lärminstrumenten geschehen – sehr originell. Das konnte man bis in die 50er Jahre unseres Jahrhunderts von Sendenhorst behaupten.

Sendenhorst kannte neben den amtlichen Bekanntmachungen in Tageszeitungen und Aushangkästen drei Arten der mündlichen Bekanntmachung. Es war einmal das Ausschellen oder der Ausruf in der Stadt an mehr als 80 Straßenecken und –plätzen und zum anderen das sogenannte „Publikantum“ oder „Publizieren“ am Sonntagmorgen nach der 8-Uhr-Messe für die Bauern auf dem Kirchplatz und nach dem Hochamt um 11 Uhr auf dem Marktplatz.

Das Sammelsurium der einzelnen Meldungen war mehr als interessant. Es reichte beim Ausschellen von scherzhaften Verlustanzeigen fröhlicher Kegelklubs oder bäuerlicher Nachbarschaftsstreiche über die Bekanntgabe von Geschäftseröffnungen oder –schließungen, Kauf- und Verkaufsanzeigen aller Art, Kino- und Theateraufführungen, Sportveranstaltungen und Autobusfahrten bis zur amtlichen Bekanntgabe von Strom- und Wasserabsperrungen, Diebstahlsanzeigen, Verlustmeldungen, Fundanzeigen und vieles andere mehr.

Es war immer für Sendenhorst ein schönes, heimatlich vertrautes Bild, wenn der wegen seiner persönlichen Originalität überall bekannte und gern gesehene Ausrufer wie Hermann Bäcker inmitten einer lustigen Kinderschar seine Meldungen ausrief und Männer und Frauen interessiert in Türen und Fenster das Neueste vernehmen konnten.

Ebenso volkstümlich war das Bild, das sich am Sonntagmorgen beim – Publikantum auf dem Kirch- bzw. Marktplatz einem stillen Betrachter bot. In kleinen Gruppen beieinanderstehend wurden von den überwiegend männlichen Zuhörern zunächst die Meldungen vernommen und anschließend sofort diskutiert. Zwar handelte es sich hierbei in erster Linie um amtliche Bekanntmachungen, die ohnehin nicht stets den Beifall der Zuhörer fanden, doch kamen auch andere Meldungen zur Verlesung wie öffentliche Versteigerungs- und Verkaufstermine, Vereinsmeldungen, Parteiversammlungen, öffentliche Zurücknahme von Beleidigungen sowie private Land-, Haus-, Vieh- und Mobiliarverkäufe.

Während das Kirchspielspublikantum von einem Bauern verlesen wurde, erfolgte das Verlesen der Meldungen vor dem Rathaus durch einen Bediensteten der Stadt. Bei vielen älteren Bewohnern von Sendenhorst sind vom „Publizieren“ her noch „Öhm“ Steinhoff und Heinrich Menke dadurch in bester Erinnerung.