Wohltäter der Stadt Sendenhorst - Joseph Spithöver, Förderer des Kirchneubaues, Stifter des St.-Josef-Hospitals

In der Jubiläumswoche gedenkt die Stadt Sendenhorst aus Anlaß der 75-Jahr-Feier des St.-Josef-Stiftes seines größten Sohnes und Wohltäters Joseph Spithöver, des hochherzigen Stifters des St.-Josef-Hospitals. Am 11. Oktober 1813, in den Tagen der Völkerschlacht bei Leipzig, als Europa sich von dem Joch der Napoleonischen Herrschaft befreite, erblichte er das Licht der Welt. Die Erinnerung an den Mann und sein Werk sei aus diesem Anlaß wachgerufen. Der Heimatfreund Wilhelm Kleinhans ist den Spuren Spithövers nachgegangen und hat uns Aufzeichnungen hinterlassen, die den folgenden Ausführungen zugrunde liegen.

Sein Vater Theodor trieb als Zimmermann zugleich einen kleinen Holzhandel; die Mutter Katharina geb. Hagedorn gab dem jüngsten von sechs Kindern das Leben, kurz bevor der Vater das Opfer einer unheilbaren Tuberkulose wurde (Februar 1814). Sendenhorst war in der Kindheit Joseph Spithövers eine verarmte Stadt. Zu zwei Dritteln hatte sie der Feuerreiter am 29. April 1806 in Asche gelegt, und die Franzosenzeit war nicht dazu angetan, sie wieder zu wirtschaftlichem Wohlstand zu bringen. Seine Wiege stand auf der Weststraße Nr. 196 (heute Stallungen Roetering). Mutter Spithöver, die mit ihren sechs Kindern alleinstand, fand in dem sozial denkenden Sendenhorster Bürgermeister und Gerichtsaktuar Langen, dem die Stadt ihren Wiederaufbau zu danken hatte, einen Ratgeber und Helfer. Er nahm ihren Jüngsten zu sich in das jetzt Borgmannsche Haus, das er damals bewohnte. Den geweckten, fleißigen Volksschüler konnte Bürgermeister Langen bereits zu Schreibarbeiten heranziehen. Er blieb auf dem Rathaus weiterhin beschäftigt, als sein Protektor nach Ahlen versetzt wurde; aber es hielt den Heranwachsenden nicht auf dem Verwaltungsschemel. Er suchte seinen eigenen Weg als Buchbinder und kam 1833 nach Coesfeld in die Lehre. Nach Art der jungen Handwerker zog der Geselle dann am 2. September 1837 „auf die Walz“, arbeitete in Rotterdam, Kopenhagen und in Süddeutschland, um dann seiner Sehnsucht zur Ewigen Stadt zu folgen. 1841 kam er in Rom an, einen einzigen Frank in der Tasche, aber mit einem Herzen voll Mut und Gottvertrauen.

    Die gute fachliche Ausbildung und die geistige Regsamkeit ließen den strebsamen jungen Westfalen bald Beschäftigung und Verdienst finden. Die deutschen Landsleute nahmen ihn gern in ihren Kreis auf. Man setzte große Hoffnungen auf ihn und ließ ihm entsprechende Förderung zuteil werden.

Der Retter Achtermanns
    Joseph Spithöver erwies sich dieses Zutrauens würdig. Er zeigte sich als Mann, der mit offenen Augen und mitfühlendem Herzen und vor allem mit helfender Liebe seinen Mitmenschen begegnete. In die erste Zeit seines Lebens in Rom fiel die Bekanntschaft mit dem später so berühmten westfälischen Landsmann, dem Bildhauer Achtermann. Er traf ihn, als er ihn mit einem Freund aufsuchte, in einer verzweifelten Situation. Der bei schweren Nahrungssorgen fleißig schaffende Künstler war in Schulden geraten. Falls er einen Betrag von 100 Scudi bis zu einem bestimmten Termin nicht bezahlen konnte, drohte ihm nach römischen Gesetz Schuldhaft. So beeindruckt Spithöver von den Arbeiten im Atelier Achtermanns war, so sehr erschütterte ihn auch das Schicksal, das dem ihm heimatlich verbundenen Künstler drohte. Das im vertrauten westfälischen Plattdeutsch gegebene Versprechen der Hilfe lösten die Besucher in kürzester Zeit ein und bewahrten damit Achtermann von einem in den Folgen kaum absehbaren Verhängnis. Seit diesem Tage waren beide in Freundschaft einander verbunden. Achtermann hat diese helfende Tat nie in seinem Leben vergessen. Als er am 26. Mai 1884 in Rom starb, ernannte er Spithöver zu seinem Testamentsvollstrecker. Ihm selbst hatte der Künstler ein silbernes Besteck vermacht „als Zeichen der Dankbarkeit, Gewogenheit und Freundschaft“. „Zugleich“, so hieß es in Achtermanns Testament weiter, „vermache ich ihm das große Kruzifix in Gips, von dem ich verschiedene Kopien in Marmor gemacht habe, um es in der Kapelle seiner Villa zu verwenden. Auch vermache ich ihm alle photographischen Negative, die mein unbestrittenes Eigentum sind und in meiner Wohnung in zwei Kistchen aufbewahrt werden.“

Spithövers Villa in Rom? In der Tat war der junge Buchbindermeister zu einer beachtlichen Stellung gekommen. Im Jahre 1845 begründete er die erste deutsche Buchhandlung in Rom an der „Piazza di Spagna 55-56“. Besaß auch der einfache Handwerker keine höhere Schulbildung, so verstand er es doch, die mit seinem Beruf verbundenen Bildungsmöglichkeiten zu nutzen. In der deutschen Kolonie wurde er eine geachtete Persönlichkeit, und auch wirtschaftlich brachte es Spithöver bei großer Anspruchslosigkeit und persönlicher Sparsamkeit zu gutem Erfolg. Als Mitte der 50er Jahre in seiner Heimatstadt Sendenhorst die neue Kirche im Entstehen war, vermittelte er nicht nur Reliquien für die Altäre, sondern förderte den Bau des Gotteshauses auch mit Geldmitteln. Wo immer es galt, Anliegen seiner Heimat wahrzunehmen, war Spithöver bereit. Sein wachsender Reichtum gab ihm dazu auch die Möglichkeit. Dieser Floß ihm nicht nur aus seiner Buchhandlung zu, die er geschickt zu führen wußte. Auch sein Handel mit Wertpapieren vermehrte sein Vermögen.

Ein Stück Geschichte
Den größten Ertrag aber warf eine weitsichtige Bodenplanung in Rom ab. Spithöver sah voraus, daß der Kirchenstaat bei der innerpolitischen Entwicklung in Italien sich nicht mehr würde behaupten können, so sehr er das auch persönlich wünschte. Er ahnte, daß der Papst der weltlichen Übermacht weichen mußte, daß Rom seine Zukunft als weltliche Haupt- und Residenzstadt haben würde, daß es zu einer erheblichen Erweiterung des Stadtbezirkes kommen würde, vor allem infolge der Erbauung eines neuen Bahnhofs. Dem hierfür in Frage kommenden Gelände standen die Römer selbst mit überliefertem Aberglauben mißtrauisch gegenüber. Es handelte sich um den Ort Sallustiani, benannt nach dem Geschichtsschreiber Sallust zur Zeit Cäsars. Für relativ wenig Geld konnte Spithöver das Gelände erwerben. Er erbaute hier seine schöne Villa mit einer Hauskapelle.

Nach der Auflösung des Kirchenstaates stieg der Wert der Grundstücke in einem Maße, wie es auch Spithöver nicht geahnt hatte. Der Verkauf brachte riesigen Gewinn. Aber er gelangte in die rechten Hände ermöglichte Spithöver die segensreichen Werke der Barmherzigkeit. In seinen persönlichen Ansprüchen blieb er einfach wie zuvor.

Hilfe für Krüppel und Waisen
Der große Bevölkerungszuwachs, der infolge der veränderten politischen Verhältnisse in Rom einsetzte, brachte viel Not und Elend mit sich. Eine Reihe Anstalten für Kranke und Arme, für Krüppel und Waisen mußte erbaut und unterhalten werden. Spithöver hatte stets eine offene Hand. Für die Kreuzschwestern aus dem Mutterhaus Ingenbohl in der Schweiz baute er ein Heim, das ihnen die Pflege armer deutscher Waisenkinder und die Beherbergung deutscher Pilger ermöglichte. Seine besondere Fürsorge galt der deutschen Nationalstiftung am Campo Santo. Sie erlebte durch Spithöver ihre Wiedergeburt. Von 1850 bis 1863 war unser Sendenhorster Landsmann Camerlengo der Erzbruderschaft. Sein Bild, das ihn in der Tracht dieses hohen Amtes zeigt, hat einen Ehrenplatz in der Bibliothek der Stiftung.
Wesentlich war Spithöver an der wirtschaftlichen Fundierung der Kaplanstellen beteiligt, die der Bruderschaftsrat des Campo Santo einrichtete. Wenn auch der verdienstvolle Wohltäter dieser bedeutsamen Stiftung 1863 sein hohes Amt niederlegte - der kernige Westfale mit dem eisernen Willen und dem weiten Blick fand nicht immer Verständnis für seine Pläne -, so blieb er doch als treuer Berater und Helfer der wichtigen Einrichtung bis zu seinem Lebensende verbunden. Der Dekan des Kardinalskollegiums feierte bei dem goldenen Jubiläum des Priesterkollegiums vom Campo Santo Spithövers „verehrungswürdige Gestalt als ein Muster der Ehrenhaftigkeit und Glaubenstreue“.

Die Sendenhorster Stiftung
Um die Mitte der 80er Jahre traf aus Rom die unerwartete frohe Botschaft ein, daß Spithöver der Vaterstadt ein neues Krankenhaus schenken wolle. Seitdem das Armenhaus 1876 abgebrochen war, hatte man für die Kranken nur noch eine unzureichende Familienpflege. Die Freude über die hochherzige Schenkung war groß! Der Architekt Wilhelm Rinklake wurde mit der Erbauung beauftragt. 1887 konnte der Grundstein gelegt werden. Der Tag der Einweihung, der 16. September 1889, sah den edlen Stifter in den Mauern seiner Vaterstadt, die ihm einen glänzenden Empfang bereitete, äußeres Zeichen der Verehrung, die man dem Schöpfer dieses zukunftsvollen Werkes entgegenbrachte. Daß General- und Kapitularvikar Dr. theol. Giese die kirchliche Weihe vornahm, war für Joseph Spithöver eine besondere Freude, hatte dieser dem jungen münsterländischen Geistlichen doch 1852 in Rom eine Studienkaplanei übertragen lassen.

Eine sinnvolle, symbolische Bedeutung hatte Spithövers Übergabe eines Geschenkes an seine Heimat. Aus dem Nachlaß des Papstes Pius IX, dem Spithöver sehr nahegestanden hatte, konnte der Stifter ein wertvolles Kreuz überreichen, das dem Papst vom Kölner Domkapitel geschenkt und aus den Krahnen des Kölner Domes von Künstlerhand geschaffen war. Ursprünglich sollte es im Sterbezimmer der seligen Katharina Emmerich Aufstellung finden. Eine Partikel von Hl. Kreuz sowie Reliquien vom hl. Ludgerus und hl. Augustinus waren dem Kölner Kreuz eingefügt. Andachtsvoll begrüßte die Sendenhorster Bevölkerung diese weihevolle Gabe. Sie ist ein bleibendes Unterpfand der Verbundenheit der Stadt des hl. Martin mit der Roma aeterna - eine Verbundenheit, die durch Joseph Spithöver neu begründet wurde.

Am 12. Januar 1892 starb der große Wohltäter der Menschheit in der Ewigen Stadt und fand in Campo Santo an der Seite seiner drei Jahre älteren Schwester, die am 3. Dezember 1879 gestorben war, seine letzte Ruhe.

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