Erschließung durch Bahn um 1900

Verkehrstechnische Erschließung durch die Bahn um 1900 von großer Bedeutung - Wenn heute nachmittag der bis auf den letzten Platz besetzte Sonderzug der Westfälischen Landeseisenbahn im Bahnhof Sendenhorst einläuft, dann werden Erinnerungen wach

Wenn heute nachmittag der bis auf den letzten Platz besetzte Sonderzug der Westfälischen Landeseisenbahn im Bahnhof Sendenhorst einläuft, dann werden Erinnerungen wach an die Zeit vor nunmehr über 50 Jahren, als die Bahnstrecke Münster-Neubeckum festlich eröffnet wurde und die WLE besseren Zeiten entgegensah, als es heute der Fall ist.

Am 30. September des Jahres 1903 brachte das Münsterische Intelligenzblatt, die Vorgängerin der Westfälischen Nachrichten, unter der Überschrift „Sendenhorst im reichen Flaggenschmuck“ folgenden Bericht über die Einweihung: „Mit einem Sonderzug, der mit grünen Zweigen und bunten Fähnchen geschmückt war, fahren die Festteilnehmer von Münster nach Neubeckum. Überall wurden die Festteilnehmer mit Böllerschüssen begrüßt. Von Neubeckum ging es dann um 11 Uhr 40 zurück. Auf der Station Sendenhorst sprach Bürgermeister Hetkamp. Die Festgäste blieben 40 Minuten lang zur Eiinnahme des Frühstücks hierselbst. 500 Butterbrote waren in fünf Minuten vergriffen. Nicht minder wurden die verschiedenen Fässer Bier im Angesichte der sengenden Sonnenglut leer getrunken. Auch der berühmte Sendenhorster Korn fehlte nicht. - Um 7 ½  Uhr langte der Zug wieder auf unserer Station an, wo abermals ein festlicher Empfang stattfand. Vom Bahnhof aus wurde unter Vorantritt einer eigens engagierten Kapelle ein Fackelzug veranstaltet. Einen würdigen Abschluß fand die Feier im Saale des Herrn B. Schramm durch einen Kommers, der die Teilnehmer bis zum frühen Morgen in der fidelsten Stimmung beisammen hielt.“

Schon einen Tag nach der Eröffnung wurde berichtet, daß der Andrang der Fahrgäste so stark sei, daß die Züge sich bedeutend verspäteten, und einige Tage später wurde bereits eine erste Bilanz gezogen: Am ersten Tag wurden befördert nach Albersloh 19 Personen, Angelmodde 167, Enniger 6, Neubeckum 89. Sendenhorst 28 und zwei Hunde … Insgesamt wurden 477 Personen befördert. Dazu kamen noch zwölf Hunde.

In der Tat: In den Jahren 1904/05 wurde ein verfügbarer Überschuß von 720 228,69 Mark erzielt. 1907/08 waren es 768 100,94 Mark, wobei diese Summen jedoch auf alle Strecken der WLE bezogen sind. Immerhin wurde 1907/08 auf der 35,54 Kilometer langen Strecke Münster - Neubeckum ein Überschuß von 4040 Mark pro Kilometer erzielt, eine Summe, die sich sehen lassen kann. Dividenden von maximal 5,8 Prozent konnten an die Aktionäre ausgezahlt werden.

Das alles fällt heute fast in das Land der Märchen. Es war einmal … Obwohl die Westfälische Landeseisenbahn mit der Zeit gegangen ist, obwohl sie die Zeichen der modernen Industrialisierung erkannt hat, die Kosten für Modernisierung und Rationalisierung konnten durch den Bahnbetrieb nicht aufgefangen werden. Die Gemeinden als Aktionäre wurden um Zeichnung neuer Aktien angehalten, um dringendste Maßnahmen durchführen zu können. Die Gemeinden verschlossen sich - wenn auch oft widerwillig - diesen Wünschen nicht, denn wenngleich sich vor allem der Personenverkehr heute auf die Straße verlegt hat, so kommt der WLE doch vor allem als Verkehrsträger für Güter und Waren auch heute noch besondere Bedeutung zu, zumal der Gütertransport auf der Schiene die ohnehin überbelasteten Straßen erheblich entlastet.

Wie gesagt: Man ist mit der Zeit gegangen. Der fauchende unverwüstliche Teckel wurde ersetzt durch kraftstrotzende Dieselmaschinen, der Pängel-Anton durch moderne Triebwagen und Diesellokomotiven. Der Wagenpark - 1908 zählte man 1300 Güterwagen und 68 Personenwagen bei 37 Lokomotiven - wurde durch neuzeitliche Fahrzeuge ersetzt. Doch der WLE geht es nicht anders als dem großen Bruder von der Bundesbahn: Hier gilt der Fahrplan der Not, der Sparsamkeit und der Bescheidenheit, wie es Studienrat i. R. Franz Predeek in seinem Heftchen anläßlich der Jubiläumsfahrt eines Eiltriebwagens im Jahre 1953 so treffend ausdrückte. Was wird die Zukunft bringen? Heute noch fahren viele der rund 600 Pendler aus Sendenhorst mit dem Zug nach Münster. Werden auch sie eines Tages mit dem Kraftfahrzeug zu ihren Arbeitsstellen fahren?

Schmunzelnd erzählte mir vor einiger Zeit ein alter Sendenhorster folgende - nicht unbedingt wahre - Begebenheit aus den Anfängen der Landeseisenbahn auf der Strecke Münster-Neubeckum. Zwischen Sendenhorst und der Alst soll der Personenzug plötzlich eine Notbremsung vorgenommen haben, weil eine Kuh auf den Schienen stand. Kurz vor Albersloh mußte dann der Zug nochmals anhalten. Wieder stand eine Kuh auf den Gleisen. - Es soll dieselbe gewesen sein …    ra

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