Sendenhorst vor 50 Jahren - im Jahr 1903

Das heimatliche Schrifttum konnte um einen Jahrgang von Sendenhorster Zeitungsberichten ergänzt werden. Es sind Ortsberichte, wie sie 1903 die Lokalzeitung gebracht hat. Wenn sie hier auch im Telegrammstil wiedergegeben werden, so fallen doch manche interessante Streiflichter auf die Zeit- und Lebensverhältnisse, wie sie in kommunalpolitischer, wirtschaftlicher und auch gesellschaftlicher Hinsicht vor einem halben Jahrhundert in Sendenhorst bestanden. Örtlich gesehen, war das Hauptereignis die Eröffnung der Eisenbahnstrecke Neubeckum – Münster. Es genügt für sich allein schon, um das Jahr 1903 als ein wichtiges Jahr in der Chronik der Gemeinde zu verankern. Im Jahre 1903 konnten unsere Vorfahren ihre hundertjährige Zugehörigkeit zu Preußen festlich begehen. (Die ganz alten Sendenhorster hielten nichts davon, sie trauerten dem Fürstbistum Münster nach. Die Red.) – (Die Daten geben den Tag an, an dem die betreffende Notiz veröffentlicht wurde.)

1903 - Einweihung des Bahnhofes. 1975 - Fahrt des letzten Pängel Anton - 2016/17 - Reaktivierung des Personenverkehrs mit der WLE?

1903:

25. Jan.: Krieger- und Landwehrverein Sendenhorst veranstaltete zum Geburtstag Sr. Majestät des Kaisers und Königs im Saal B. Horstmann eine theatralische Abendunterhaltung.

30. Jan.: Besitzung Klingelmann ging durch gerichtliche Versteigerung zum Preise von 9.500 M in den Besitz des Rentiers Hesselmann über.

3. Febr.: Stadtverordnetensitzung. Es soll eine Gebührenordnung betr. Erhebung von Abgaben bei Neu- und Umbauten erlassen werden. Ab 1.4. wurde eine obligatorische Fortbildungsschule ins Leben gerufen.

4. Febr.: Die Schneidermeister von Sendenhorst beschlossen, den Arbeitslohn von 25 auf 30 Pf pro Stunde zu erhöhen, ferner Zutaten zu den mitgebrachten Stoffen nicht mehr anzunehmen, da dadurch viel Unannehmlichkeiten entstehen. In dem einen Falle reichten die Zutaten nicht aus, in dem anderen Falle paßten sie nicht zu den Kleiderstoffen.

6. Febr.: Im Hotel Ridder fand eine Vorbesprechung zur Papst-Jubiläumsfeier (Leo XIII.) statt. Sendenhorst rüstete zur großen Papstfeier.

27. Febr.: Besitzung Levi Stern ging in den Besitz der Frau Wwe. Offers und die Besitzung der letzteren in den Besitz des Händlers Drüner über.

11. März: Jubiläumsfeier Sr. Heiligkeit Papst Leo XIII. im Horsmannschen Saale. Abends vorher Ankündigung des Festes durch Böllerschießen. Sonntags feierliches Levitenamt. Nachm. Te Deum, 4 Uhr Festversammlung, 8 Uhr Fackelzug mit großem Brillantfeuerwerk.

21. April: Lehrer Caspar Möllers feierte unter reger Anteilnahme das Jubiläum seiner hiesigen 25jährigen Wirksamkeit.

Ein Festtag. Heute nachm. lief der erste Transportzug der Bahn Neubeckum – Münster, festlich bekränzt, in den hiesigen Bahnhof ein. Böllerschüsse wurden abgegeben, und eine Kapelle aus Wolbeck musizierte.

4. Mai: Die Synagoge mit einem Stück Gartenland wurde zum Preise von 2.320 M vom Metzgermeister Kaspar Haussen erworben.

13. Mai: Das Haus des Maurers Th. Schlüter ging zum Preise von 4.200 M in den Besitz des Th. Hurtig über, die Besitzung des Th. Hurtig zum Preise von 4.050 M in den Besitz des Schreinermeisters Anton Mössing.

15. Mai: Einteilung der Wahlbezirke zur Reichstagswahl am 16. Juni: Sendenhorst Stadt – ganze Gemeinde (Seelenzahl 1.12.1900 = 1.889). Wahllokal Rathausbüro, Wahlvorsteher Bürgermeister Hetkamp, Stellv.: Beigeordneter Silling. – Sendenhorst Kirchspiel – ganze Gemeinde (Seelenzahl 1.1.1900 = 842), Wahllokal Hotel Klümper, Wahlvorsteher: Gemeindevorst. Vornholz, Stellv.: stellv. Gemeindevorsteher Werring.

28. Mai: Der 37 Jahre alte Viehwärter des Schulze zur Alst wurde beim Melken einer Kuh von einem Ochsen dermaßen gestoßen, daß dem Armen die Eingeweide aus dem Leibe kamen.

3. Juni: Einquartierung am 9. Juni vom 2. Westf. Feldart.-Regt. Nr. 22 in der Gemeinde Sendenhorst, 15 Off., 339 Mann und 215 Pferde mit Verpflegung und Fourage.

9. Juni: Krieger- und Landwehrverein feierte sein Stiftungsfest.

12. Juni: Zentrumsversammlung bei Horstmann.

15. Juni: Der Volksverein rief auf. Eine imposante Wahlversammlung für die Reichstagswahl im Horsmann-Saal. Vikar Beike eröffnete sie und Pastor Schroeder hatte das Wort. - Primizfeier der Neupriester Joseph Freise und Anton Horstmann.

16. Juni: Wahlergebnis Stadt: Wahlberechtigt 422, gew. 279, Kirchspiel: Wahlberechtigt 181, gew. 102 – alle Zentrum.

22. Juni: Lt. Prämierungsliste der Handwerker-Ausstellung in Arnsberg erhielt W. Meyer den 4. Preis.

23. Juni: Beim Austragen eines Telegramms wurde der Brenner Kleinhans von einem Schlag getroffen und war gleich tot.

13. Juli: Der Allgemeine Schützenverein von Stadt und Land feierte sein Fest beim Wirt Austermann. Die Königswürde erwarb Kaufmann Heinr. Höne, Königin wurde Frau Aug. Pottmeyer.

17. Juli: Schweres Gewitter. Blitz schlug in die Scheune des Brauereibesitzers Wieler ein.

24. Juli: Die Hoetmarer Chaussee ist fertiggestellt. – Mit dem Mähen des Roggens wurde begonnen.

28. Aug.: Stärkeres Auftreten der Typhus-Krankheit.

16. Sept.: Bekanntmachung zur Einweihung der Westf. Landeseisenbahn Neubeckum – Münster

18. Sept.: Die Abnahme der Bahn ist erfolgt. Die Einweihung der neuen Strecke erfolgt am 30.9.

23. Sept.: Rektor des hiesigen St.-Joseph-Stiftes Franz Schröder ist im Alter von 61 Jahren entschlafen.

23. Sept.: Vor dem Ertrinken wurde das dreijährige Söhnchen des Schuhmachermeisters Bernh. F. im Stadtgraben von der Frau B. gerettet.

23. Sept.: Zwecks Ausschmückung der Stadt zur Einweihung der neuen Bahn fand eine Versammlung bei Klümper statt.

25. Sept.: Fahrpreis der neuen Bahn nach Münster 3. Kl. 0,90, hin und zur. 1,30, 2. Kl. hin und zurück 1,90.

30. Sept.: Zum Viehmarkt waren aufgetrieben ca. 50 Stück Rindvieh, Absatz zum Preise von 240 – 400 M. Schweinehandel flauer Auftrieb, 150 Stück.

30. Sept.: Sendenhorst im reichen Flaggenschmuck. Feierliche Eröffnung der neuen Bahn. Mit einem Sonderzug, der mit grünen Zweigen und bunten Fähnchen geschmückt war, fuhren die Festteilnehmer von Münster nach Neubeckum. Ueberall wurden die Festteilnehmer mit Böllerschüssen begrüßt. Von Neubeckum ging es dann um 11 Uhr 40 zurück. Auf der Station Sendenhorst sprach Bürgermeister Hetkamp. Die Festgäste blieben 40 Minuten lang zur Einnahme des Frühstücks hierselbst. 500 Butterbrote waren in fünf Minuten vergriffen. Nicht minder wurden die verschiedenen Fässer Bier im Angesichte der sengenden Sonnenglut leergetrunken. Auch der berühmte Sendenhorster Korn fehlte nicht. Um 7 ½ Uhr langte der Zug wieder auf unserer Station an, wo abermals ein festlicher Empfang stattfand. Vom Bahnhof aus wurde unter Vorantritt einer eigens engagierten Kapelle ein Fackelzug veranstaltet. Einen würdigen Abschluß fand die Feier im Saale des Herrn B. Schramm durch einen Kommers, der die Teilnehmer bis zum frühen Morgen in der fidelsten Stimmung beisammen hielt.

1. Okt.: Die neue Eisenbahnstrecke wurde so stark von Fahrgästen in Anspruch genommen, daß die Züge sich bedeutend verspäteten.

5. Okt.: Am ersten Tage wurden befördert nach Albersloh 19 Personen, Alst 8, Angelmodde 167, Enniger 6, Neubeckum 89, Sendenhorst 28 und 2 Hunde, Tönnishäuschen 8, Wolbeck 138 und 10 Hunde, Ennigerloh 11, Liesborn 2 und Wadersloh 1, zusammen 477 Personen und 12 Hunde.

9. Okt.: Das Haus des Küfers Herm. Kerkmann (Preis 2.100 M.) ging in den Besitz des Jos. Bartmann über, das Haus des Th. Börger (2.700) in den Besitz des Webers Werner Saerbeck.

16. Okt.: Stadtverordnetenversammlung. Gratisabgabe von Sand aus städtischen Sandgruben soll nicht mehr erfolgen. Ueber die Anlage eines neuen Friedhofes teilten sich die Meinungen, ob sich die Anlegung eines politischen oder konfessionellen Friedhofes empfiehlt.

20. Okt.: Stadtverordnetensitzung. Man entschied sich für die Anlegung eines konfessionellen Friedhofs. Dem Antrag Löckmann auf Anlage einer Waage wurde zugestimmt. Kasp. Becklas wurde als Desinfektor gewählt. Von der Anlage eines „Verschönerungsplatzes“ wurde Abstand genommen. Die Frage der Errichtung einer Handnähschule wurde zurückgestellt.

21. Okt.: Mehrere Züge Kraniche zogen gen Süden.

30. Okt.: Fräulein Lehrerin Van Roschee feierte ihr 25jähriges Dienstjubiläum.

6. Nov.: Versammlung des Westf. Bauern-Vereins mit Gründung einer Bäuerlichen Bezugs- und Absatzgenossenschaft. In den Vorstand wurden gewählt: Rothkötter als Vors., Middelhove stellv. Vors., Beisitzer Isfort, Kleine Westhoff-Schotte und Vrede. In den Aufsichtsrat: Th. Horstmann, Vors., B. Roetering, stellv. Vors. Beisitzer: Vornholz, Roeper, Westhues und Hesse.

18. Nov.: Wilh. Bischob erhielt auf der 2. Geflügel-Ausstellung in Herne für seine selbstgezüchteten Schaubrieftauben die Staatsmedaille und den 1. Preis.

20. Nov.: In der Versammlung bei Jönsthövel wurde Edmund Panning als Rendant und Lagerhalter der Bäuerlichen Bezugs- und Absatzgenossenschaft gewählt.

25. Nov.: Stadtverordnetensitzung. Verkauf städt. Grundbesitzes soll durch öffentliche Ausschreibung erfolgen. Kollegium genehmigte die Anfertigung eines Fluchtlinienplanes. Für die Bepflanzung öffentlicher Wege soll vorerst ein sachverständiges Urteil eingeholt werden. Die Pflasterung des Trottoirs zum Bahnhof soll vorgenommen werden, ebenso die Ausbesserung der Kühlstraße und die Chaussierung am Osttor. Es soll ein Ortsstatut über die Quartierleistung für die bewaffnete Macht erlassen werden. Die 16.000 M. Sparkassenüberschüsse wurden auf den Etat übernommen.

2. Dez.: Stadtverordnetenwahl. 3. Abt. 244 Wahlber. 131 übten ihr Stimmrecht aus. Es entfielen auf Heinrich Beumer 57, Franz Pälmke 60, Jos. Bartmann 14. 2. Abt. 50 Wahlberechtigte, 34 wählten. Es entfielen auf Bernh. Klümper 23, Kupfermaaß 11, 1. Abt. Von den 11 Wahlberechtigten wählten alle Th. Wieler.

22. Dez.: Stadtverordneten-Stichwahl der 3. Abt. 157 Wähler, davon entfielen auf Heinr. Beumer 91, Franz Pälmke 66.

Nach oben