Sendenhorst ungeteilt bis vor 100 Jahren - Stadtdirektor Esser zur Geschichte von Stadt und Land Sendenhorst

Sendenhorst. In der Bürgerschaftsversammlung der Gemeinde Kirchspiel Sendenhorst am Dienstag im Saale Werring gab Stadtdirektor Esser namens der Verwaltung der Stadt Sendenhorst einen umfangreichen Bericht, der u. a. wertvolle Hinweise auf die Geschichte von Sendenhorst enthielt und in dem das gemeinsame Schicksal der Stadt und des Kirchspiels im Laufe der Jahrhunderte vor dem Jahre 1851 seinen Niederschlag fand.

Drostenhof in Wolbeck - aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Wolbeck_(Münster)

„Die Glocke“ veröffentlicht diesen Auszug aus dem Bericht des Stadtdirektors mit der ausdrücklichen Erklärung, sich damit in keiner Weise mit einer Seite der beiden Parteien identisch zu fühlen, die sich im Disput um die Zukunft des Kirchspiels Sendenhorst befinden.

„In den Heberegistern der alten Klöster, vornehmlich der Abtei Werden und des Klosters Freckenhorst, das im Jahre 851 gegründet wurde, wird Sendenhorst schon um das 9. Jahrhundert erwähnt. Zahlreiche Höfe der Sendenhorster Gegend hatten den alten Klöstern Gefälle zu entrichten. Auch die Namen der zu Sendenhorst gehörenden Bauernschaften finden wir in den genannten alten Klosterheberollen. Der Name Rinkhove bezeichnete ursprünglich nur einen Hof, der in der Bauerschaft Schorlemer lag. Später ist der Name Schorlemer als Bauerschaftsname verschwunden und an seine Stelle Rinkhove getreten. Die Namen fast aller Bürgermeister von Stadt und Kirchspiel sind seit Ende des 16. Jahrhunderts noch bekannt. Sie entstammten angesehenen Bürgerkreisen. Ihnen standen zur Seite die Ratsherren, ein Sekretär, ein Gemeindeempfänger und ein Gemeindediener. Die Bürgermeister verwalteten ihre Gemeinde ehrenamtlich und wurden alljährlich neu gewählt und nach der Wahl vor dem Gericht zu Sendenhorst auf dem Rathaus vereidigt. Sie hatten aber keine Stimmrechte bei den Sitzungen des Gerichts. Der Sekretarius, der ebenfalls gewählt und vereidigt wurde, hat für die Bürgermeister die schriftlichen Arbeiten zu erledigen. Die Bürgermeister waren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit verantwortlich, hatten Musterungen zu leiten, Verbesserungen von Wegen, Abwässerungen u.a.m. durchzuführen. Beide Gemeinden mit ihren Bürgermeistern haben in den Jahrhunderten seit ihrem Bestehen immer fest zusammengestanden und die Not aller Zeiten mit gemeinsamer Kraft überstanden.

So berichtet uns die Geschichte von Sendenhorst, daß die unruhevollen Zeiten des ausgehenden Mittelalters, die religiösen Wirren der Reformation, die auch an die vom hl. Martinus beschützten Mauern Sendenhorsts ihre Wellen geschlagen hat, die Zeiten, da vor etwa 400 Jahren die Wiedertäufer ihre Herrschaft in Münster gewannen und verspielten, die furchtbaren Jahrzehnte des Dreißigjährigen Krieges, der Einfall der Spanier (1628) und Hessen (1637), die harten Unglücksjahre des Siebenjährigen Krieges und der napoleonischen Fremdherrschaft. Zeiten von Not und Tod, die Sendenhorst erlebt hat, da immer wieder die feindlichen Mächte im Lande standen und wie Wilde plündernd und mordend die ganze Gegend unsicher machten. Sorgenvoll kamen dazumal die Ratsherren unter ihren beiden aus der Bürgerschaft gewählten Bürgermeistern in der Ratsstube zusammen, um zu beraten, wie sie die Lasten der Besatzung tragen und wie sie die Habe der Bürger schützen könnten.

Um 1800 gehörte Sendenhorst mit Stadt und Kirchspiel, ebenso wie die meisten Gemeinden des heutigen Kreises Beckum, zu dem fürstbischöflichen Amte Wolbeck, dem größten Amtsbezirk des Hochstiftes unter Leitung eines Amtsdrosten. Im Jahre 1806, kurz nachdem in Münster zur Neuregelung der Verhältnisse eine Kriegs- und Domänenkammer (heute Bezirksregierung genannt) errichtet wurde, rückten infolge der für Preußen unglücklichen Doppelschlacht von Jena und Auerstädt Napoleons Truppen im östlichen Münsterland ein. Die Geschicke von Sendenhorst lagen damals in der Hand des Bürgermeisters Langen, der nun nach französischer Besatzung als „Maire“ betitelt wurde. Die Stadt, Feldmark und das Kirchspiel Sendenhorst bildeten zu der Zeit ein einziges politisches Gemeinwesen.

Im Jahre 1808 trat sodann Napoleon das Fürstbistum Münster mit dem ehemaligen Amte Wolbeck seinem Schwager, dem Großherzog Joachim von Berg, ab. Das ganze Land wurde in Departements (heute etwa Regierungsbezirke), Kantone (heute etwa Kreise) und Mairen (Bürgermeistereien) eingeteilt. Sendenhorst wurde dem Ruhrdepartement Dortmund angegliedert und gehörte zum Arrondissement Hamm und Kanton Ahlen. Maire war Langen und die Munizipalräte (Gemeinderäte) waren: v. Rhemen (Kspl. Sendenhorst), Silling (Stadt oder Kspl.), Sulzer (Stadt), Arnemann (Kspl.), Silling (Stadt oder Kspl.) und Angelkotte (Kspl.).

Die große Völkerschlacht bei Leipzig im Jahre 1813 machte der französischen Fremdherrschaft ein Ende. Preußen kam wieder in den Besitz des Münsterlandes. Der sogenannte Zivilgouverneur (später Oberpräsident), Freiherr von Vincke, besorgte nunmehr die Neuordnung der Verhältnisse. Zu Vinckes bedeutenden Maßnahmen gehörte die Neueinteilung nach Kreisen.

Sendenhorst kam in den Kreis Beckum, und der Bürgermeister Langen führte in Sendenhorst die Verwaltungsgeschäfte bis 1820 weiter. Ihm folgten bis 1822 Regierungsrefrendar von Westhoven, bis 1824 Bürgermeister Röhr und von 1825 bis 1833 Bürgermeister Markus.

Aus unbekannten Gründen übernahm dann Amtmann Johann Heinrich Brüning die Verwaltung, der seit 1815 das Amt Vorhelm betreute. 1840 schied nun Amtmann Johann Heinrich Brüning aus der Verwaltung aus. Sein Sohn, Franz Brüning, der in Sendenhorst wohnte und als Bürogehilfe bei der Stadtverwaltung tätig war, wurde nun Bürgermeister und übernahm gleichzeitig die Amtsverwaltung Vorhelm.

Er zog auf den elterlichen Hof in Enniger. Beide Verwaltungsstellen befanden sich nun wieder in der Hand eines Brüning, in diesem Falle in der Hand des Franz Brüning, des späteren Ehrenamtmannes.

In einer Bekanntmachung des Regierungsblattes vom 23.8.1840 heißt es wie folgt: Die Verwaltung der Bürgermeisterei Sendenhorst und Vorhelm wird dem bisherigen Bürogehilfen Franz Brüning kommissarisch übertragen.

Als dann im Jahre 1851 für Sendenhorst wieder ein eigener Bürgermeister eingesetzt wurde, befürchtete das Kirchspiel, den Amtmann Brüning zu verlieren. Danach muß zu der damaligen Zeit die Persönlichkeit des Brüning gerade für die Kirchspielgemeinde besonders bedeutungsvoll gewesen sein. Es liegt nahe, anzunehmen, daß die Bevölkerung des Kirchspiels ihre bäuerlichen Interessen bei dem Bürgermeister Brüning, der in Enniger selbst einen großen Hof hatte, am besten gewahrt sah und sich diesem angeschlossen hat.

In einer Bekanntmachung des Regierungsamtsblattes vom 14.10.1852 heißt es: Mit Bezug auf die Bestimmung des §156 der Gemeindeordnung vom 11.3.1850 wird hiermit bekanntgemacht, daß die Einsetzung des Gemeindevorstandes in der Stadt Sendenhorst am 28. d. M. erfolgen, mithin die Einführung der Gemeindeordnung an dem gedachten Tage dort beendigt sein wird. Es sind gewählt und bestätigt worden: 1. der seitherige Amtmann Kreishage aus Everswinkel zum Bürgermeister, 2. der Seilmachermeister Hermann Tawidde aus Sendenhorst zum Beigeordneten. damit tritt nun die verwaltungsmäßige Trennung von Stadt und Kirchspiel ein. Dieser Zustand besteht nun etwa 100 Jahre. Zweifellos ist Sendenhorst in dieser Beziehung ein einmaliger Fall.

Die Aufgaben der damaligen Verwaltung lassen sich wohl mit den Aufgaben der heutigen Verwaltung nicht mehr vergleichen. Auch die Zahl der Einwohner hat sich im Laufe dieser 100 Jahre grundlegend geändert. Die Stadt Sendenhorst hatte damals 1800 Einwohner (heute 4000), das Kirchspiel etwa 800 (heute 1910), Enniger etwa 1400 (heute 2400), Vorhelm etwa 1100 (heute 2500).“

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