Ins Jahr 1959 - Altes Sendenhorster Ratssiegel

300 Jahre alte Urkunde mit St. Martin in reizvoller plastischer Erhabenheit - Jetzt im Besitz des Heimatarchivs => Jahr der Entstehung des Berichtee 1959

Siegel von 1359 (Ältestes Siegelabbild), aufgenommen 1990

Sendenhorst. Kürzlich konnte das Sendenhorster Heimatarchiv aus dem Besitz der Familie Maria Klein-Höing in Sendenhorst eine 300 Jahre alte Urkunde erwerben, an der das „gewöhnliche“ Siegel des Rates und der Stadt in einem verhältnismäßig guten Zustand erhalten ist. Es zeigt in reizvoller plastischer Erhabenheit St. Martin, den Schutzpatron der Stadt und Kirche. In schöner Geschlossenheit ist das Motiv mit den drei beteiligten Gestalten, Roß und Reiter und am Rande der Bettler, dargestellt, wobei der lebensvolle kräftige Körper des feurigen Pferdes beherrschend herausgearbeitet ist. Auffällig zurückhaltend, in einer fast zeichenhaften, symbolischen Wiedergabe, begegnet uns der heilige Reitersmann, der vom Pferde herab sein Manteltuch dem auf ihn mit flehend erhobener Hand zuschreitenden Bettler darreicht, ein eindrucksvolles Bild christlicher Caritas. Das Archiv freute sich umsomehr über diese wertvolle Geschenkgabe, weil derartige zeitgenössische Darstellungen des Stadtpatrons kaum erhalten sind.

Die Original-Pergamentsurkunde ist auf den 30. April 1659 datiert. Sie läßt die schwierige finanzielle Lage erkennen, in der die Stadt Sendenhorst sich damals, elf Jahre nach Abschluß des 30jährigen Krieges, befand. Lippstedts hessische Kontributionen, ansehnliche Steuerrückstände aus der Kaiserlichen Landschatzung, unbezahlte Verpflichtungen sowie Mühlensteuern haben eine derartig große Schuldenlast aufgehäuft, daß die Bürgerschaft gezwungen war, aus ihrem Eigenbesitz Grundstücke zu veräußern. Auf andere Weise, wie es ausdrücklich heißt, ist es ihr nicht möglich, sich vor dem „Verderben“ zu retten und ihrer „Schuldigkeit“ nachzukommen.

Bürgermeister und Rat hatten sich entschlossen, dem unerfreulichen Notstand dadurch abzuhelfen, daß diejenigen Bürger, die städtisches Gartenland gepachtet haben, dieses zum freien erblichen Besitz erwerben können.  So kauft Joan Burholt, unser „Mitbürger“, u. a. ein Stück Gartenland auf dem Spanigergarten. Die Stadt bekräftigt mit ihrem Siegel, daß das schuldenfreie  Stück in die volle Verfügbarkeit des Käufers übergeht. Es mag ihr nicht leicht gefallen sein, sich derartigen Besitzes und damit auch der regelmäßigen Pachteinkünfte zur „Dämpfung“ ihrer Verschuldung zu entäußern. Der Sendenhorster Bürger dürfte mehr Freude an diesem Akt der Eigentumsübertragung gehabt haben. Wahrscheinlich hat er sich nach Abschluß des Kaufvertrages einen guten alten „Sendenhorster“ zu Gemüte geführt. – Die Urkunde hat folgenden Wortlaut:

Sendenhorster Urkunde

von 1659      April 30

(Original-Pergament mit anhängendem Stadtsiegel)

Wir Bürgermeistere und Rähtt der Stadt Sendenhorst, thuen kundt und betzeugen vor Uns und Unsere Nachfolgere vormitzs diesem offnem versiegeltem Brieffe, demnach hiesige gemeinheit durch bewüsste langwirige Lipsteddesche Hessische Contribution, wie dan auch wegen einer ansehnlicher restirender sumb geldes, Kays: (erlicher) Landtschatzung unnd hinderstendiger accis und Mühlenschatzungen dermossen in schulde vertieft, das die Bürgerey sothane schuldigkeit aus ihren aigenen mittelen nicht verrichten können, damit aber die Bürgerey dieserhalb nicht gar verdorben angereichte schuldigkeit gleichwoll verrichtet werden muegen, so haben wir mit zuzihung der gemeinheit concludirt und beschlossen auch verstattet, daß diejenige bürgere, so vor diesem Sendenhorstig gartenlandt in gewin gehabt, unnd davon jahrlichs eine urkundt in die kemerey hieselbsten gegeben, desselbig erblich freykauffen muegen, unnd als Ersahmer Johan Burholt unser mitbürger unteranderen ein stücke gartenlandts als desselbig alhie für Sendenhorst uff den Spanniger Garten zwischen Berndten Hoenen im oesten unnd des Müllers der wittiben Hoenen gartenstücke ins westen respective gelegen, schiessendt ins norden auff den wegh, unnd ins süden auff die heggen bis herzuhin gewin gehabt, unnd davon jahrlichs fünffzehen pfennige in genannter kemerey verrichtet: So betzeugen wir hiermit unnd krafft dieses, das wir demselben demeltes stücks gartenlandes Erblich unnd Frey, mit keinen schulden oder sonsten beschwert, vor einen benenten Kauffschilling, so wir davor empfangen unnd zu dempfung obengemelter Schuldigkeit wiederumb verwendet, verkauft haben, also unnd diesergestalt, das genannter Johan Burholt, Mercken zu Geileren, unndt ihren Erben nach datum dieses brieffes soll frey stehen, genanntes stücke gartenlandes wie obstehet gelegen, ohne unse oder jemandes einrede oder thätlich anzugreiffen und ihres gefallens damit zu schalten und zu walten; Nachfolgere diese freyen Erbkauff gemelten Johan Burholt und seinen mitgedachten, oder den wahren hälteren dieses brieffes mit dero guten vorwissen und willen Erblich und Frey, bei Veruntersetzung aller dieser Statt Intraden, so viel deren hiezue noetig zu halten und zu wahren, allet ohne einige Exception, disputation, geferde arglist ofte bedroch zu urkundt der wahrheit haben wir Unser gewohnliches Ingesiegell hie unden an diesen brieff thuen hangen, so geschehen ihm Jahr Tausend sechshundert Fünffzig und Neun, ahm dreitzigsten monatz Aprilis.

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