Der Münzschatz von Sendenhorst - Ein trauriges Kapitel der Heimatgeschichte

Am 30. November 1932, also vor genau 20 Jahren, wurde bei Sendenhorst in der Bauerschaft Bracht ein bedeutender Münzschatz gehoben. Ehrenvoll hätte er den Namen der Stadt Sendenhorst in alle Lande tragen und die deutsche Münzforschung einen großen Schritt voran und den Findern eine gute Belohnung bringen können.

Ahlener Damm in Richtung Sendenhorst im Jahr 2014 - Hier befindet sich das Steinkühlerfeld. Damit ist allerdings kein einzelnes Feld gemeint, sondern das gesamte Areal.

Doch was damals geschah, ist heute schon Geschichte, und doch ist es erforderlich anläßlich seiner Auffindung vor 20 Jahren, das damals unrichtige Verhalten der Finder und das traurige Schicksal des Fundes als Mahnung aufzuzeigen.

Was die alte Sage erzählt

In der Bauerschaft Bracht fragte vor vielen hundert Jahren ein Reiter einen pflügenden Bauern nach dem Wege. Dabei faßte der Reiter nach seinem Felleisen, das er hinter sich auf seinem Pferde angeschnallt hatte, denn darin verwahrte er sein Geld, da er im Münsterlande große Verkäufe getätigt hatte. Nachdem er Bescheid erhalten, ritt er nach kurzem Gruß weiter. Der ihm nachblickende Bauer sah, daß vom Rücken des Pferdes der pralle Geldsack fiel, und er lief schnell hin, ihn aufzunehmen, sobald der Reiter hinter einer Wegebiegung verschwunden war. Als er das viele Geld darin sah, kam ihm ein teuflischer Gedanke. Schnell verbarg er das Felleisen und pflügte weiter, als wenn nichts geschehen sei, denn schon bald kam der Reiter, der seinen Verlust bemerkt hatte, zurück. Vergeblich hatte er den Weg nach seinem Eigentum abgesucht, und er fragte den Bauern, ob er das Felleisen gefunden habe. Der Bauer verneinte,  und als der Reiter ihm direkt auf den Kopf zusagte, daß er ihn gefunden haben müsse, da er ihn noch gefühlt habe, als er nach dem Wege fragte, schwor der Bauer bei allen Heiligen, daß er nichts gefunden oder gesehen habe. Da stieß der reisende Kaufmann , denn um einen solchen handelte es sich bei dem Reiter, einen grauenhaften Fluch aus und verwünschte den Bauern, seine ganze Familie und den Hof mit allem, was zu ihm gehöre. Dann ritt er fluchtartig davon, als sei der Acker, auf dem der Bauer stand, voll Pech und Schwefel, als habe da der leibhaftige Satan sein Reich.

Den Bauern, so stur und abgebrüht er auch war, durchfuhr ein eisiger Schreck. Zwar holte er den Geldsack aus dem Versteck hervor, als der Reiter schon Stunden fort war, betrachtete auch die vielen großen und kleinen Silber- und Goldmünzen, doch traute er sich nicht, den Schatz mit nach Hause zu nehmen. Keinem Menschen, nicht mal seiner Frau, sagte er etwas davon. Wohl schlich er sich von Zeit zu Zeit hin und betrachtete ihn immer wieder, doch wagte er nicht, auch nur eine der Münzen auszugeben.

Gar bald kam ein Unglück nach dem andern über den Hof, seine Familie und ihn selbst. Sichtbar erfüllte sich der Fluch des Reiters, und von Schrecken erfüllt schüttete er eines Nachts die Münzen in zwei Tongefäße und vergrub sie in einer verlassenen Steinkuhle. Doch auch das half ihm nichts, denn der Satan holte ihn, der Hof verfiel und mußte verkauft werden, und die Nachbarn flüsterten scheu von der unseligen Tat, und die Sage davon und von dem verborgenen Schatz trug sich von Mund zu Mund, von Generation zu Generation durch die Jahrhunderte.

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Der Schatz wird gefunden

Im November 1932 ließ der Bauer Große-Kogge eine alte Steinkuhle zufüllen, einebnen und zu einem Acker machen. Dabei fanden am 30. November die Arbeiter zwei größere Tongefäße, die bis obenhin mit Silbermünzen angefüllt waren. In dicken Klumpen waren die zusammenoxydiert, und man konnte noch genau  erkennen, daß sie der Größe nach in Rollen in Leinenläppchen verpackt gewesen waren, als man sie in die Krüge steckte, ehe man sie der Erde übergeben hatte.

Als sich auch Goldstücke unter den Münzen zeigten, bewog der Hauptfinder und Rädelsführer die anderen, nichts von dem Schatz zu sagen und ihn zu teilen, wobei er natürlich den Hauptanteil erhielt. Ueber den wirklichen Umfang des Fundes sollte niemand etwas erfahren.

So geschah es dann auch. Und als die Auffindung der Münzen doch ruchbar wurde, da erzählte man, es seien nur 382 Münzen gewesen, die man in einem Gefäß gefunden habe. So stand es auch am 6. Dezember 1932 in der „Glocke am Sonntag“ unter dem Bilde, das drei der Finder mit Teilen des Fundes zeigte. Der Besitzer des Grundes ließ sich auch täuschen und gab sich mit einem Bruchteil des angeblichen Fundes zufrieden.

Nun glaubten sich die Finder im Recht, hielten dicht und verkauften und verhandelten die Münzen in alle Welt, nach Frankfurt a. M., Münster, Amsterdam und anderen Orten. Ein Finder verkaufte allein 500 Münzen an einen Händler, und bald wußten Sammler und Münzwissenschaftler besser über den Fund Bescheid als irgendein Sendenhorster Bürger oder gar die Finder selber.

Den Hauptteil der Münzen aber hatte man einem übel beleumdeten Mann aus Soest übergeben und damit den Bock zum Gärtner gemacht. Schon bald war den Findern gesagt worden, daß sie es falsch gemacht hätten, daß sie einem Gauner in die Finger gefallen seien und daß nunmehr auf sie das Sprichwort „Wie gewonnen – so zerronnen“ seine Anwendung finden würde.

So ist es auch gekommen. Den Findern brachte der von ihnen unterschlagene Fund nicht den erhofften Reichtum. Der Herr aus Soest hatte auch keinen Segen davon und starb bald. Was aus dem Nachlaß für die Finder heraussprang, wurde für rückständige Schulden festgehalten.

So sah der Münzschatz aus

In zwei mittelalterlichen Gefäßen, gelblich-weißen, mit rötlichen Flecken versehenen Tonkrügen, die im 14. und 15. Jahrhundert zahlreich in Siegburg bei Köln hergestellt wurden, hatte man die Münzen gefunden. Einer war sofort bei der Auffindung entzwei gegangen, dem anderen hatte man den Hals abgeschlagen, um die Münzen herausschütten zu können. Die Gefäße wurden kaum geachtet, gelangten aber in sichere Obhut und werden heute noch aufbewahrt mit einigen anderen Münzschatzgefäßen. Die in alle Welt zerstreuten Münzen aber sind auch in den vergangenen 20 Jahren nicht wieder herbeigeschafft worden. Das wäre ja auch ein unsinniges Unterfangen gewesen, denn etwa 5000 bis 6000 (fünf- bis sechstausend) Münzen müssen in den beiden Gefäßen gewesen sein. Aber es wurde schriftlich viel von den verschollenen Münzen zusammengetragen, und es wird möglich sein, den Fund in groben Umrissen zu rekonstruieren.

Aus talergroßen bis linsenkleinen Münzen setzte sich der Fund zusammen. Viele Seltenheiten waren darunter, und manche Münze wußte mehr zu erzählen, als ein großes Pergament. Große Bereicherung erfuhr die Münzwissenschaft trotzdem, aber viel, viel Arbeit hätte erspart werden können, wenn die Finder so gehandelt hätten, wie es das Gewissen und das Gesetz vorschreiben: Binnen drei Tagen der Ortspolizeibehörde anmelden. Der Wert des Fundes gehört dann zur Hälfte dem Finder, die andere Hälfte dem Grundeigentümer. Ein gutes Stück Geld hätte jeder Finder erhalten, wenn er dem nächsten Museum oder dem Landesmuseum in Münster Mitteilung von dem Funde gemacht hätte. Gerade Münster hätte das größte Interesse an dem Fund gehabt, denn es waren sehr viele Stücke darunter, die man in der Stadt Münster mit einem oder zwei Gegenstempeln versehen hatte, das heißt, man hatte den Kopf des hl. Paulus in die Münzen geschlagen und sie so kenntlich gemacht, daß sie vor 500 Jahren im Münsterland als kursfähige Münzen umlaufen konnten. Viele Münzen kamen nämlich von weither. Aus dem Raume Nieder- und Obersachsen waren Münzen aus den Prägestätten: Bremen, Stade, Hildesheim, Hamburg, Lübeck, Lüneburg, Anklam, Friedland, Gnoien (Mecklenburg), Greifswald, Güstrow, Rostock, Stettin, Treptow, Wismar und Wolgast. Aus Rheinland-Westfalen enthielt der Fund Stücke aus Aachen, Jülich, Berg, Kleve, Heinsberg, Mörs, Köln und Trier. Besonders zahlreich waren aus der Grafschaft Mark die Prägestätten: Hamm, Hattingen, Hörde, Brekerfeld, Schwerte und Unna; aus der Grafschaft Limburg: Broich bei Mülheim, Rellinghausen bei Essen und Hohenlimburg an der Lenne mit Groschen, Pfennigen, Hälblingen und Vierlingen vertreten. 

Sehr zahlreich waren aber auch die großen Doppelgroschen und Groschen aus den Niederlanden, von Brabant, Flandern, Hennegau, Holland, Lüttich und Utrecht sowie auch Münzen von Frankreich, Schottland und Polen im Funde.

Ja, ein wirklich trauriges Geschick hatte der große, leider berüchtigt, aber nicht berühmt gewordene Münzschatz von Sendenhorst, über den man ein dickes Buch hätte schreiben können. Wenn heute nach 20 Jahren daran erinnert wird, dann nur darum, damit so etwas nie wieder vorkommt. Jedermann muss wissen, daß selbst eine einzelne Münze, die in der Erde gefunden wird, für die Heimatforschung und Wissenschaft von Interesse sein kann, so daß man auch den kleinsten Fund anmelden sollte. Ganz besonders gilt dies aber von den Schatzfunden, von den in Gefäßen oder sonstigen Behältern der Erde anvertrauten Münzen. Das Eigentumsrecht ist in jedem Falle gesichert. Es ist aber wichtig, daß der Finder seinen Fund niemals selbst reinigt! Das muß sachkundigen Händen vorbehalten bleiben, denn nur zu oft zeigt nur noch die Grünspanschicht das Gepräge. Also Finger weg von den Bodenfunden, möglichst sofortige Anmeldung, zu eigenem und der Heimat Nutzen.

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