Zur älteren Geschichte der münsterländischen Familie zur Bonsen, Zurbonsen

Sendenhorst: im Herzen des Münsterlandes gelagert und zwar in der nordwestlichen Ecke des Kreises Beckum, ist diese stille Kleinstadt, an der heutzutage die westfälische Landeseisenbahn Münster-Lippstadt vorüberzieht, die schicksalsreiche Heimat der sogenannten alten Familie. Im Dunkel der germanischen Zeit verliert sich des Städteleins Geschichte. Sint oder Sind, der Weg, und Horst, der Wald, haben ihm seinen Namen gegeben, auf dem Wege durch den dunklen Forst stieß einst der Wandersmann in der menschenarmen Gegend auf die weltferne altsächsische Siedlung.

Stammsitz im 21. Jahrhundert

In der Nähe der Siedlung, unter den Wipfeln desselben Horstes, wo man vor Zeiten die Licht und Frühlingsgöttin Frigga oder Frekka geopfert hatte - sie lebt als die weisse "Juffer Eli" noch heute in der Ortssage fort - erhob sich schon im neunten Jahrhundert, in den Tagen der Karolinger, das Kloster Freckenhorst. In der ältesten Heberolle dieser begüterten Frauenabtei, die noch dem folgenden Jahrhundert angehört, erscheint nun zuerst der Name Sendinhurst; die Werdener Heberolle, aus der Zeit um 900, schreibt dagegen Seondonhurst. 1175 wird die Siedlung villa, d.h. Dorf, genannt, 1230 eine Pfarre daselbst erwähnt, die jedoch wahrscheinlich schon etliche Menschenalter vorher bestand.

Etwa hundert Jahre später tritt bereits die genannte Familie urkundlich zum erstemal, wie wir noch sehen werden, uns entgegen. Bontze, Bonce oder Bonse, - den Wechsel zwischen z (Tz) und s könnt auch das Niederländische - ist ihr ältester und häufigster Name.

Bis in den Beginn des 19. Jahrhunderts stehen bekanntlich die deutschen Familiennamen nicht unveränderlich fest, willkürlich wechselt vielmehr ihre Form. Eine und dieselbe Person einer Familie wird in den alten Kirchenbüchern und Registern bald so, bald so bezeichnet, so daß die Familienforschung dadurch nicht selten stark erschwert wird.

So kommen neben Bonze und Bonse in Sendenhorst erstmalig vor: Bonszen 1538, Bonsen 1664, Bontzen 1678, Torbonsen 1664, tor Bontzen 1681, Zurbonsen 1695, während im 18. Jahrhundert in Warendorf die Form zu Bonsen, die besonders in der Beschriftung des Familienwappens von 1734 (Kleeblatt) sowie in einer Plakette von 1739 hervortritt, durchaus überwiegt.

Da in der Familie zu Sendenhorst, soviel wir erkennen, immer wieder das Bürgermeisteramt erscheint, so muß der Name in den städtischen Akten und Urkunden viel vertreten gewesen sein; leier haben aber die großen Stadtbrände von 1749 und 1806 die Archivalien von Sendenhorst zumeist vernichtet.

Die harten niederdeutschen Namensformen Bontze usw. sind im Schriftgebrauch allmählich von selbst erloschen.

Bei dem immer noch lebenskräftigen Stamme der Familie in Sendenhorst überwog früh die Namensform Bonse. Doch treten dort in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts urkundlich auch noch Formen wie ter Bontzen, Zurbonsen auf, 1743 verzeichnet das Kirchenbuch in Sendenhorst statt Bonse den Namen tor Bonsen, 1760 Zurbonsen, und zum letzten Male verwendet den letzteren eine Sendenhorster Ratsurkunde von 1788.

Zwei Äste gingen im Laufe des 18. Jahrhunderts von dem alten Stamm aus, die beide sich vielfältig weiter verzweigt haben: der Warendorfer Ast, der sehr bald endgültig die Namensform zur Bonzen oder Zurbonsen annahm - während sich nur einmal 1771, noch die niederdeutsche Form Terbonsen finden - und der Drensteinfurter Ast, der von Anfang an den Namen Bonse festgehalten hat. Von beiden wird am Schlusse wieder die Rede sein.

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts scheint das Bewusstsein ursprünglicher Zusammengehörigkeit der Einzellinien dann ziemlich erloschen zu sein.

Welchen sprachlichen Ursprung hat nun der Name der Familie? Zugrunde liegt ihm unzweifelhaft das mittelniederdeutsche Wort B o s e - Bündel, Haufen.

Denn das am Fuße der Baumberge, im alten Stevergau gelegene Dorf Bösensell, das wie Sendenhorst zu dem fürstbischhöflichen Amte Wolbeck gehörte, hieß ursprünglich Besensel (Bonzenzel), wird daneben aber im Mittelalter urkundlich oft auch Bonsensel (Bonzelzel) genannt. Ob die Familie Bonse, zur Bonsen von alters mit dieser Siedlung irgendwie in Beziehung gestanden? Der Name Bonsensel oder Bonsens wenigstens bedeutet Haus der Bose oder Bonse. Er kommt schon im Heberegister von Werden vor, wo er den heutigen Dorfschulzenhof bezeichnet, ist also bereits über 100 Jahre alt.

Noch am Ende des 17. Jahrhunderts erscheint ferner in einem Münsterländischen Ratsprotokoll ein Boese auch als Boeße (sprich Boße, mit Dehnungs - e), und 1783 schreibt eine Frau Katharine Zurbonzen in Warendorf sich selbst Zurboesen. Sprachliche Analogien für bose - bonse kommen auch sonst vor.

Die Bedeutung von bose - Bündel, Haufen führt ersichtlich auf den Ackerbau zurück, was auch das Kleeblatt des Familienwappens beweist, fast alle bürgerlichen Geschlechter sind, wie die neuere Familienforschung ergibt, überhaupt bürgerlichen Ursprungs. Bemerkenswert ist noch die Tatsache, daß auch die westfälischen Adelsfamilien Böselager (Bosenlage) Bosevoort, deren Namen den gleichen sprachlichen Ursprung wie Bonse haben, als landwirtschaftliche Symbole zwei Schaufeln bezw. Gabeln im Wappen führen.

Es war in den Tagen des deutschen Königs Ludwig des Bayern, 1323, als Graf Engelbert II, von der Mark in seiner Fehde mit dem münsterischen Bischof Ludwig von Hessen (1310 - 1357) die Villa (- Dorf) Sendenhorst, die damals noch keine Befestigung aufwies, in Asche legte. Im November desselben Jahres kam dann der Friede zustande, und der wieder aufgebaute Ort wurde nun mit Wall und Graben bewehrt. Höchstwahrscheinlich hat der Bischof bei dieser Gelegenheit an Sendenhorst Stadt- oder Wigboldrechte verliehen und ein Burghaus, wie es in der Folge vorkommt, innerhalb des oppidum errichtet.

In jene fernentlegene Zeit fällt nun die erste urkundliche Erwähnung der Familie. "In vigilia beate nativitatis Marie virginis gloriose", 7. September 1327 bekundete Konrad Scoke, Richter zu Sendenhorst, den Verkauf einer Rente daselbst, unter den vier Zeugen des Aktes erscheint hierbei auch der Consul Johannes dictus (zubenannt) Bonce.

Die Schreibweise Bonce ist die lateinische Form für das niederdeutsche (plattdeutsch) Bonze oder Bontze; das c steht wie üblich, für das im Lateinischen nicht existierende z oder tz, das in der Aussprache im Warendorfer Volksmund noch heutzutage scharf konsentiert wird.

Johann war also einer der ersten Bürgermeister (consul) des mit Stadt- und Wigboldrechten beliehenen Ortes, deren alljährlich zwei Paar Vertreter gewählt wurden, und seine Stellung beweist, daß die Familie Bonse, zur Bonsen bereits damals zu den altansässigen und ratsfähigen Geschlechtern der Gemeinde gehörte. Nur Freie waren zu Bürgermeistern wählbar.

Und so sassen diese schon damals frei auf freier Scholle - ganz im Gegensatze zu dem, wie bekannt, ursprünglich unfreien Ministerialen, aus denen ja der heutige niedere Adel zum weitaus grössten Teile hervorgegangen ist.

Jedenfalls muss sie auch schon in dem Jahrhundert zuvor, dem Dreizehnten, in Sendenhorst existiert haben, und da in jener Zeit die deutschen Familiennamen überhaupt erst sich zu bilden begannen, so darf man sagen, daß die Familie zu den urkundlich nachweisbaren ältesten städtischen Geschlechtern aus dem Mittelalter überhaupt zu rechnen ist.

So wurde denn die sechshundertjährige Wiederkehr des Tages jenes ersten urkundlichen Auftretens von der Familie zu einer festlichen Jubiläumstagung in Münster. September 1927, gestaltet, zu der die Mitglieder von nah und fern sich eingefunden hatten. Der Oberpräsident der Provinz Westfalen sowie der Regierungspräsident in Münster beglückwünschten die Festversammlung in freundlichen Schreiben.

Ein Menschenalter nach jenem ersten Datum taucht der Familienname, diesmal in der Form Bonse, abermals auf. In einer Urkunde des Sendenhorster Rates vom Tage nach Pauli Bekehrung, 13. Januar 1359, wird ein Johann Bonse unter den Schöffen (soabini), den Ratsmitgliedern, als Zeuge aufgeführt. Ob es noch der Obengenannte oder etwa sein Sohn war? Der Vorname Johann tritt, wie wir sehen werden, in der Familie sehr häufig hervor. Der hier erwähnte Namensträger selbst hatte glücklich die furchtbare Pestzeit des "Schwarzen Todes" überlebt, der im Juni 1350 als Menschenrüger auch in Westfalen erschienen war.

Als Mittelpunkt einer Freigrafschaft Sendenhorst erhob sich damals vor der Stadt, an der Landstraße nahe bei dem Hofe zur Geist, ein oft genannter Freistuhl. Die Freigrafschaft stand in den Jahren 1354 - 1367 unter dem Stuhlherrn Rolf Bolcke von Lipperode. Als Freigraf am Sendenhorster Stuhl aber spielt damals ein Berndt Boze oder "geheyten Drene", d. h. ein geschworener Vrigrewe upper (auf dem) Drene", d. h. im Dreingau, von dem noch das unweit Sendenhorst gelegene Dreinsteinfurt seinen Namen führt. Nach dem, was oben über die Familienbeziehungen Bose und Bonse gesagt werden, muss dieser Berndt, der Freigraf, jener Stammfamilie angehört haben. Im Jahre 1366 beruft ihn der Edle Dietrich von Volmestein auch auf den Freistuhl beim nahen Hamm: "by dem Hospitale buten der Huren tho dem Hamme". Im selben Jahre hegt Berndt das Freigericht an dem unweit Sendenhorst gelegenen Stuhl vom Owstrich bei Ahlen: "by dem Schemmen (Brücke) an der Landwere." Er war es auch, der 1367 am Dienstag nach Ostern, "dar ik sat in eynen gehogeden Gerichte vor Sendenhorst", den käuflichen Übergang der Sendenhorster Freigrafschaft von Rolf Bolcke an den münsterischen Fürstbischof Florenz von Wevelinghoven (1364 - 1379) beurkundet hat.

Nun schweigen die Nachrichten für lange Zeit - Gegen Ende des Mittelalters, 1498, zählte Sendenhorst, das in der großen münsterischen Stiftsfehde 1450 vorübergehend in der Gewalt der Freigrafen Johann von Hoya war, 507 schätzungspflichtige Einwohner, es war die neuntgrösste unter den 40 Gemeinden des Amtes Wolbeck, gehörte aber nicht zu den landtagsfähigen Orten. Aus jener Zeit 1498, ist noch ein Abdruck des mittelalterlichen Ratssiegels (St. Martin zu Pferde, seinen Mantel teilend) im städtischen Archive von Soest erhalten.

Lt. Register des Überwasserklosters zu Münster von 1491 hatte damals ein Bonse das sog. "Rüschhaus" Domus Rusche) in Sendenhorst inne, dessen Besitzer vordem Albert van Zumeren gewesen war. Wenn wir das bekannte Rüschhaus bei Münster, das Dichterheim von Annette von Droste, zum Vergleich heranziehen dürfen, so wäre auch das Bonsesche Rüschhaus eine von binsenbewachsenen Wassergraben (Rusch - Binse) umgebene Wohnstätte gewesen.

In den Wiedertäuferwirren hatte die Umgebung des Städtchens von den zügellos schweifenden meissnischen Söldnern des Belagerungsheeres, das vor Münster lag, viel zu leiden; auf dem Tungmannshofe kam es 1535 zwischen sächsischen Meuterern und ihren Verfolgern aus dem Heere des Fürstbischofes Franz von Waldeck (1532 - 52) zu einem Scharmützel. Kurz nach jenen Wirren, 1538, werden Erben von Heinrich Bonssen genannt; sie entrichten von ihrem Hause (an der Südporten) zu Ostern eine jährliche Leistung von vier Solidi (= 5,50 Goldmark) an das Kapitel von St. Ludgeri zu Münster.

Die unruhige Zeit überlebte Johann Bontzen. In einer Schenkungsurkunde vom "Avend Martini", 10. November 1563, erscheint er mit Johann Sandtwich als "tor tidt vorwesere und verwarer des gemeinen leprosenhuses (Spital für Aussätzige), vor Sendenhorst belegen". In dieser Eigenschaft gehörte er zum Ratskollegium. Zusammen mit Johann Smydt, der übrigens ein rabiater, gewalttätiger Charakter war - bei einem Wortwechsel ging er auf einen Bürger mit dem Beil los - wird dann 1350 Johann Bonse, vielleicht der vorige oder sein Sohn, als Bürgermeister genannt. In einer Vorladung vom 25. Januar kündigt Jans Rode, Freigraf am Freistuhl von Sendenhorst, durch den Richter und Gografen Christopfer Schotteler daselbst "in bewussten Sachen dero landtfürstlicher Oberheit Stift Münster contra die Herren Bürgermeister und Raeth zu Sendenhorst wegen des entlauffenen Gefangenen" auf "Saterdach ns Marien Lichtmessen" 6. Februar) ihm einen Termin an. Über die Sache selbst ist nichts weiter bekannt. Am 12. Mai desselben Jahres bezeugen die beiden Bürgermeister, samt dem Rate "in stole des raetz gewendlicher wyse sittent", in einer originellen plattdeutschen Urkunde, die vom 40. Psalm des "Koninklicken proheten Davidt" ausgehet, eine Sendenhorster Armenstiftung.

Um jene Zeit entrichtete, nach dem Register des Klosters Liesborn von 1589, ein Bonse zu Michaelstermin die erhebliche Summe von acht Goldgulden (= 55,30 Goldmark) an jenes Kloster. Aus dem folgenden Jahren erfahren wir dann, daß das obengenannte "Rüschhaus" noch immer, also bereits über ein Jahrhundert, in Bonseschen Händen war

Kein deutsches Land hat unter den Schrecken des 1618 entbrannten großen Krieges gleich zu Anfang schwerer gelitten als das Fürstbistum Münster. In kurzer Zeit erlagen hier den zügellosen Scharen des kaum dreiundzwanzigjährigen" tollen Christian", Herzog von Braunschweig und Administratore von Halberstadt, die meisten kleinen Städte. Im April 1622 schweiften sie schon bis in die Gegend von Sendenhorst. In einem flehentlichen Schreiben vom 16. desselben Monats wandte sich der Rat "an den fürstlichen Richter zu und außerhalb Sendenhorst", Adolf von der Mark. "Die Bürgerei", heisst es darin, "hat nun schon lange die eine Hälfte zu Nacht Wache gehalten, ist matt und nicht imstande, auf die Dauer Widerstand zu leisten." Unter dem 30. April bat man weiter dringend um eine Besatzung von 100 Mann Stiftstruppen. Aber vergebens.

Am Mittwoch, den 4. Mai, erschien Herzog Christian selbst von Lippstadt der Herr vor den Willen und erzwang durch die Drohung, die Stadt "in Feuer schießen zu lassen", die Öffnung der Tore. Sendenhorst, wo Christian sein Hauptquartier nahm, wurde jetzt "bis aufs äußerste ausgemergelt", es war aber - gleichwohl des Brennens - der Braunschweiger hatte einen besonderen "Brandmeister bei sich" - und des Ausplünderers nach nicht versichert. "Von der Stadt aus sandte der schlimme Freibeuter gleich am folgenden Tage Streifscharen gegen Werne an der Lippe und bis vor die Rote von Münster. Wein und Lebensmittel kamen von Ahlen her ins Hauptquartier. Am 9. Mai verließ Christian den gebrandschatzten Ort und damit einstweilen auch das Stiftsgebiet.

Noch im selben Monat erhielt Sendenhorst die Einlagerung von 50 Stiftssoldaten und im Januar 1623 von einer Reiterkompagnie des liegistischen Obristwachtmeisters Grafen Anholt.

In beiden Jahren 1622 und 1623 herrschten Misswachs und Hungersnot. 1636 erschien wieder die Pest. Im Oktober des folgenden Jahres wurde Sendenhorst von den Hessen geplündert, aber der kaiserliche Oberst von der Steggen jagte ihnen im Dreingau die Beute wieder ab. 1638, am Donnerstag vor Martini, brannten gegen 80 Häuser zwischen Ost- und Nordtor nieder. Die Not in Sendenhorst war am Schlusse des schrecklichen Krieges so stark, daß, wie eine Ratsurkunde klagt "unser stedelsin zur höchsten Armut gebracht worden ist", während des früher "jahrligs ein ziblige einzukommen gehabt hatte.

Da klangen endlich, endlich - im Oktober 1648 - die Friedensglocken zu Münster in Westfalen. Zwei Jahre darauf, im Dezember 1650, brannten abermals 50 Wohnstätten samt dem Rathause nieder "also das wenig Häuser übergeblieben". Das alte Bonsesche Rüschhaus aber blieb verschont. Um den dringendsten Bedürfnissen abzuhelfen, nahm der Rat von Bürgern und Fremden Darlehen auf im Betrage von 2546 Talern. Aber sechs lange, schwere Jahre währte der Wiederaufbau der trümmerhaften Stadt; so mehr war die Kraft der Bürger gebrochen.

Die ganze schreckensvolle Zeit erlebte ein Johann B o e s e , der auch Bonse oder Thorbonsen genannt wird. Er war verheiratet mit Anna, geb. Kupferschmidt, am 21. April 1655, als die Stadt schon wieder "etwan bevestiget" worden, erlebte Johann einen grösseren Festtag in Sendenhorst; der Landesherr, Fürstbischof Christoph Bernhard von Galen (1650 - 1678), der starke Erneuerer des Stiftes Münster, hielt seinen Einzug. Neun Jahre später, an einem Julitage 1664, verunglückte übrigens durch Sturz vom Hausboden die siebenjährige Anna Bonsen, sie starb vier Stunden nachher.

Johann selbst schied in noch rüstigem Alter zwischen 1655 und 1674 aus dem Leben, und am 30. Januar des letzteren Jahres nahm der Tod auch seine Frau Anna von der Erde hinweg.

Es wird zuweilen in der Presse berichtet, denn an diesem oder jenen Ort in ein und derselben Familie ein öffentliches Amt, z.B. das Lehreramt, mehreren Geschlechtsfolgen hindurch, vom Ahn zum Enkel herab, sich erhalten habe - dass aber fast ein Vierteljahrtausend hindurch das Postmeisteramt ununterbrochen in der Familie verblieben ist, steht zweifelsohne einzig da. Eben das aber ist der Fall bei der Stammfamilie in Sendenhorst, und zwar knüpft es sich an die Errichtung des Thurn und Taxisschen Postamtes daselbst um das Jahr 1690.

Zum ersten Male im Jahre 1534, aus Anlaß der Wiedertäuferunruhen, treten im Hochstift Münster "Postreiter" auf, welche Briefe der fürstbischöflichen Regierung von der Residenz Wolbeck zum Reichstage in Worms zu befördern hatten. Aber erst bei der Eröffnung des Westfälischen Friedenskongresses 1643 wurde ein ständiges "Kaiserliches Reichs-Postamt" durch das schon 1516 mit dem Postregal belehnte Haus Thurn und Taxis in Münster eingerichtet. Das Postamt, nicht zu verwechseln mit dem späteren fürstbischöflichem Posthause am "Drubbel" (jetzt Matthäserbräu), lag am Prinzipalmarkt, an der Stelle des heutigen städtischen "Handelshofes", Ecke der Syndikatgasse.

Das Postamt unterhielt ursprünglich vier Reitposten: nach Wesel, Köln, Paderborn und Osnabrück. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts kam dann noch eine fünfte Linie hinzu, die über Wolbeck - Sendenhorst - Ahlen - Hessen - Hamm nach Unna ließ, um hier den Anschluss an die große Reichspostlinie von Hamburg nach dem Rhein zu erreichen. Die Einrichtung dieser Linie und des neuen Postamtes ("Posthalterey) in Sendenhorst muss nun, wie es auch von Eugen Müller, dem bekannten Münsterer Lokalforscher, geschieht, um das Jahr 1690 angesetzt werden, und zwar haben wir Heinrich Bonse als den ersten Postverwalter daselbst zu betrachten.

Heinrich ist urkundlich auch der erste Träger der hochdeutschen Namensform Zurbonsen (auch Bonsen, Bontze, Bontzen, Torbonsen, tor Bontzen genannt). Vermutlich ein Sohn des vorgenannten Johann, war er geboren um 1640 und seit Oktober 1673 verheiratet mit Elisabeth Arnemann aus Sendenhorst (geb. 1653). In den altangesessenen Familien von Stadt und Gemeinde, wie Kupferschmidt, Wieser, Arnemann u.a. tritt Heinrich in dem Jahrzehnt 1675 bis 1685 siebenmal als Tauf- und Trauzeuge auf. 1691 bewohnte das frühere Rüschhaus schon Christian Quante, und Heinrich selbst war an der Südporten sesshaft. Im folgenden Jahre finden wir ihn als Bürgermeister.

Das Sendenhorster Postamt unterstand dem Reichs-Postamte in Münster, dessen Leitung damals in den Händen einen Postmeisters Busenbaum (Vater oder Sohn) lag. Dieser, wahrscheinlich aus Nottuln gebürtig und ein Verwandter des berühmten Moraltheologen gleichen Namens, scheint die Berufung Bonsens veranlasst zu haben, und in seine Hände hatte der neue Thurn- und Taxisache "Posthalter" auch den Diensteid abzulegen. Vierteljährlich musste dieser Abrechnung nach Münster erstatten. Wie das Bürgermeisteramt, so war übrigens auch das Postmeisteramt im Grunde eine Ehrenstelle. In Orten von gleicher Grösse wie Sendenhorst, z.B. Nottuln oder Gronau, betrug die jährliche Dienstentschädigung der "Postwärter" bei der fürstbischöflichen Landespost um 1720 durchschnittlich nur 24 Rtlr., und viel mehr wird auch Thurn und Taxis in Sendenhorst nicht gezahlt haben.

Natürlich haben wir uns die Postdienstgeschäfte in der kleinen Stadt nicht gerade als besonders umfangreich zu denken. Die Wagenposten im Hochstift waren zunächst der fürstbischöflichen Post selber vorenthalten. Aber die Briefposten, wenn sie auch zweimal wöchentlich verkehrten, stellten doch die erste regelmässige Verbindung mit der Außenwelt dar, und ein Ereignis für jung und alt wird es gewesen sein, als das Thurn und Taxische Wappenschild an dem Bonseschen Hause zu erstenmal erschien. "Schwarz auf blauem Grunde ausgeführt", so schildert es Eugen Müller, und "das Doppelhaupt auf schimmernden Goldgrunde bettend, hielt er (der doppelköpfige Adler),

in der gelben rechten Klaue stolz das Zepter, in der linken den von einem Kreuz überragten Reichsapfel, während sich über dem Beherrscher der Lüfte die Thurn- und Taxische Fürstenkrone mit ihren drei Goldbügeln erhob, die den braunen Fürstenhut mit der links und rechts heraufflatternden goldumsäumten Schleife einschloss."

Und dann der große Augenblick, wo der "hochfürstliche" Postkurier in seinem gelben, mit blanken Wappenknöpfen gezierten Kanarienvogelfrack, einen Hut mit Tressen und Federbusch auf dem Kopfe, unter dem Geschmetter seines Posthorn zum ersten Male vor das Bonsesche Haus an der Südporten ritt. Das Rösslein dampfte denn die Landstraßen im Hochstift, wenn man überhaupt von Straßen sprechen konnte, waren dazumal über die Massen schlecht. Doch seht nur, mit welch gewichtiger Miene Herr Henricus Bonse das geheimnisvolle Felleinen von dem Postreiter in Empfang nimmt. Da muss die ganze holzschuhklappernde Jugend von Sendenhorst staunend rundum auf den Beinen gewesen sein.

Die Anschriften der für das "stedelein" eingelaufenen Briefe wurden, während Roß und Reitersmann gebührend verschnauften, von dem "Posthalter" auf einem "Zeddel" fein säuberlich verzeichnet und dieser am Fenster der Poststube, allwo auch ein Porto am Tabellum zu sehen war, ausgehängt. Da konnte ihn jedermänniglich, so der Lust hatte, von draußen studieren, und für wen ein "Brieff" zum Abholen bei Herrn Henricus bereit läge - einen Briefträger gab es nicht - das drang als grösste Neuigkeit alsbald durch alle Gassen und Häuser. Ei, ei, da war ja wahrhaftig auch ein Brieflein aus Münster für die "ehrsame, wohllöbliche" Jungfer Gesine Appelkamp dabei, und das hatte gewiss was zu bedeuten: "Häw Ji't all haort, Naoberske? - O du gute alte Zeit?

Die weiteren Nachrichten über die Thurn- und Taxische Post sind - um das vorweg zu bemerken - sehr spärlich. So sind einmal die Namen der Vorsteher bekannt, die im 18. Jahrhundert bis 1780, das Reichs-Postamt Münster verwaltet haben. Über die Sendenhorster Post enthält das fürstliche Archiv in Regensburg nur noch eine Urkunde. In den Akten des preußischen Oberpostamtes in Münster vom Jahre 1831 ist aber (nach einer Mitteilung der Oberpostdirektion) bezeugt, daß sich damals die Post "schon über hundert Jahre" in dem Hause, d. h. der Familie Bonse gehalten habe. Es muss daher der jedesmalige Älteste, der das Haus übernahm, auch der Inhaber des Amtes gewesen sein.

Zwei Menschenalter nach Errichtung des Amtes 1773, als ein Enkel Heinrichs wieder Bürgermeister der damals entfestigten Stadt war, erhielt dieser, Gerhard, die Beim Antritt eines neuen Generalpostmeisters übliche Bestätigung desselben in seinem Dienst. Die noch erhaltene Urkunde des Fürsten Karl Anselm stammt vom 31. Juli, d.d. Regensburg, und belehnt Gerhard mit der "weiteren Bedienung deren Posthalterey zu Sendenhorst."

"…….. Und geben Ihn" so heisst es in der Urkunde," anbey nebens vorkommene Macht, Gewalt und Befehl, in Unserren Nahmen das Posthorn zu führen….., die Briefe zu colligieren und zu distribuieren, das Porto davor gehörig einzunehmen und Unserem Postamt zu Münster von drey zu dreyen Monathen zu berechnen, und daß Er sich sowohl bey Tage als Nachts mit Überlieferung und Bestellung deren Briefen und Paqueten, dann mit Fortführung deren ordinaien (gewöhnliche Posteinläufe) und Estafetten (reitende Eilboten) auch in Beförderung deren couriers und Passagiers wohl und fleißig verhalten, und insgemein alle Ordnungen, Befehle und Placarden (öffentliche Anschläge), welche von Uns oder Unserem Ihm vorgelegten Postamt zu Münster allbereits gegeben worden seynd oder inskünftig annoch zu desto mehrerer Nachricht und besserer Vorsehung schon gemeldeten Posthalterey zu Sendenhorst gegeben werden möchten, observieren, vollziehen und dasjenige, was dem mehr anhängig, gebührend allmahlen verrichten solle."

So führte der Neubestellte (der 1777 auch wieder Bürgermeister war) das Thurn- und Taxische Posthorn weiter bis zum Übergange des Postwesens im Münsterlande an Preußen, 1. Mai 1803. Unterm 1. Juli desselben Jahres wurde er dann preußischer "Postwärter". Aber Ende März 1804 war er schon tot.

Im Postamte folgten nun nacheinander - auch ein einzig dastehender Fall - Gerhards vier Söhne Theodor, Engelbert, Nikolaus und Gerhard, (bis Ende 1857) sodann nach erlangter Großjährigkeit - bis dahin durch einen Oheim vertreten - seit Ende Juli 1867 jenes Gerhard Sohn Theodor Franz Gerhard, der Ende 1910 in den Ruhestand trat; er starb am 11. Dezember 1921 zu Sendenhorst im Alter von fast 77 Jahren. Aber auch dann war der Zusammenhang mit der alten Postfamilie noch nicht zerrissen, es folgte vielmehr auf Theodor ein Stiefsohn seiner Schwester Klara aus deren Ehe mit dem Sendenhorster Arzte Dr. Anton Borgmann, Emil Borgmann, unter dem freilich, des wachsenden Betriebes halber, die Verlegung der Post in ein eigenes grösseres Haus erfolgte.

So hatte denn die alte Sendenhorster Familie rund 220 Jahre lang (ca. 1690 - 1910) "vom Ahn zum Enkel hinab", der Thurn- und Taxisschen, Preußischen, Französischen, wieder der Preußischen, dann der Norddeutschen Post und schließlich der deutschen Reichspost treue Dienste geleistet. Sie ist in Wahrheit "die älteste Postbeamtenfamilie in Westfalen", ja vielleicht im Reiche, und als die eingangs erwähnte Festtagung Bonse - zur Bonsen (zurbensen) das Sechshundertjährige Jubiläum der Familie in Münster 1927 beging, fand auch jene Posttradition eine überraschende Beachtung!" das Thurn und Taxissche Hofmarschallamt in Regensburg sandte durch Telegramm eine freundliche Begrüssung von seiten der Fürsten, das Reichspostministerium gratulierte schriftlich in herzlicher Weise, und auch die Münsterer Oberpostdirektion fand sehr anerkennende Worte für die Dienste so vieler Geschlechterfolgen.

Die Pietät der Behörden gegen den heimatlichen Sinn einer Familientradition, erst recht in der Gegenwart, ist kulturpolitisch eine erfreuliche und dankenswerte Erscheinung.

Mit der Wende des 17. Jahrhunderts, die wir in Vorstehenden teilweise bereits weit überschritten haben, endet die ältere Geschichte der Familie. Während sie in Sendenhorst weiter blüht, tritt sie nun auch in Münster sowie in Warendorf auf. Dort erscheint sie in verwandtschaftlicher Verbindung mit der bekannten Familie Storp, und hier begründet ein Bruder des mehrgenannten Heinrich Bonse, Zurbonsen, namens Theodor, 1697 eine Zweiglinie, die den Namen Bonsen annimmt. Ihr gehörten der "geschworene Ratsschreiber" und Notar Franz Ludolf an, der in der Zeit des Siebenjährigen Krieges in den städtischen Akten von Warendorf vielfach hervortritt, sowie der Lizentiat der Rechte Franz Mauritz. Bis 1811 ist diese Familie Bonsen urkundlich zu verfolgen; sie erlosch mit dem Warendorfer Vikarius Josef B.

Im September 1703 wird in Warendorf "zur Bürgerschaft angenommen Caspar thorbontzen, von sendenhorst bürtig", wahrscheinlich Theodors jüngster Bruder.

Er begründet die noch blühende Warendorfer Linie zur Bonsen oder Zurbonsen, der auch der Schreiber dieser Skizze angehört, und die in Warendorf selbst im Mannesstamme noch durch den Rechtsanwalt und Notar Alois Z. vertreten ist.

1783, genau 80 Jahre nach der Warendorfer, entstand dann, durch Bernhard Theodor aus Sendenhorst, die Drensteinfurter Linie mit dem Familiennamen Bonse. Sie hat sich in den 150 Jahren ihres Bestehens außerordentlich ausgebreitet und mit zahlreichen bekannten Familien besonders das westliche Deutschland verschwägert. Daß in den letzten Generationen auffällig oft das höhere Forstfach vertreten ist, mag nebenbei bemerkt sein.

Sieben Mitglieder der Gesamtfamilie sind im Weltkriege fürs Vaterland gestorben.

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